Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Herumkrebsen in Venedig

Andrea Segres Spielfilm „Welcome Venice” (D-Start: 03.08.2023) erzählt die Geschichte dreier Brüder aus einer alten Fischerfamilie, deren Tradition durch Umwälzungen im Tourismusbereich grundlegend verändert wird.

Giudecca ist eine Inselgruppe im Süden von Venedig. Hier wohnen alte Fischerfamilien, die noch „moeche“, die typischen Krebse der Lagune, fischen. So auch die ins Alter gekommenen Brüder Pietro (Paolo Pierobon) und Toni (Roberto Citran). Der dritte, gleichzeitig der jüngste Bruder Alvise (Andrea Pennacchi ) sucht sein Glück schon länger im Tourismus, mietet Wohnungen und Häuser an, um sie an Besucher der legendären Stadt an der Adria weiterzuvermieten. Es blieb dadurch noch nie viel Geld übrig, wegen der Corona-Krise  die nun aber endlich überwunden zu sein scheint, erst recht nicht. Um fortan krisensicherer und unabhängiger wirtschaften zu können, möchte er das Elternhaus, das allen drei gemeinsam gehört, zum Ferienhaus umbauen. Doch Toni ist Fischer durch und durch und will von dem Plan nichts hören. Pietro, der wegen Raub im Gefängnis gesessen ist, wird von Alvise als leichtere Hürde angesehen. Als Toni unerwartet durch einen Blitzschlag stirbt, meint er entsprechend, dass seinem Plan nun nichts mehr im Wege stehen würde. In dieser Überzeugung nimmt er gar große Schulden auf sich. Allerdings erweist sich Pietro doch als harte, besser gesagt sture Nuss. Einerseits treibt diesen die Loyalität zu verbliebenen Blutsverwandten und andererseits ist es nach seiner verbüßten Strafe die Fischerei, die ihm Sinn, ja gar Identität gibt… Und so fällt es Pietro nicht leicht, die – aus welcher Sicht auch immer – richtige Entscheidung zu treffen…

Regisseur Andrea Segre (“Venezianische Freundschaft”, 2011) kommt selbst aus Venedig und auch sein neuester Streifen, der in Deutschland in der Originalversion mit Untertiteln startet, was dem Sehgenuss sehr förderlich ist, dreht sich nicht um berühmte Postkartenmotive sondern wirklich um die Menschen jener Region. Auch wenn es ein Spielfilm ist: es ist für den Zuschauer in jeder Phase der ruhigen, aber keineswegs langatmigen 103 Minuten erkennbar, dass in unserer Zeit, in der globalisierten Welt, hier für “normale”, ehrlich arbeitende Leute kaum eine Chance auf eine rosige Zukunft mehr gibt. Auch wenn im Film Pietros kleiner Enkel einen Schimmer von Hoffnung gibt, dass durch ihn zumindest die Tradition der Fischerei noch am Leben erhalten werden könnte. „Welcome Venice” profitiert nicht nur von einem ausgesprochen guten Drehbuch, sondern auch von den vielen Laiendarstellern, die neben den professionellen Mimen agieren und dem Ganzen, welches unter anderem auch von mangelnden Schwimmkünsten aber mit einem sehr klar erkennbaren roten Faden von den schier unüberwindlichen Gegensätzen von Tradition und Moderne erzählt, einen sehr authentischen Charakter geben.



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