Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Die ewigen Loser

Zwei Menschen begegnen sich zufällig, verlieben sich und verlieren sich doch gleich öfter aus den Augen. Das Leben spielt ihnen viele Streiche. Die Helden in Aki Kaurismäkis neuem Film „Fällende Blätter“ befinden sich sozusagen auf der vorletzten Stufe der Rangordnung einer modernen Gesellschaft.

Holappa (Jussi Vatanen) arbeitet in einer Autowerkstatt, raucht viel und trinkt noch mehr. Ab und zu geht er mit seinem Kollegen Huotari (Janne Hyytiäinen) aus, ansonsten ist er recht einsam. An einem dieser Abende mit dem Kumpel sieht er zum ersten mal Ansa (Alma Pöysti), die ihrerseits gerade mit ihrer Freundin in der selben Karaoke-Bar unterwegs ist.

Die junge Frau mit einem auffallend sanftem Lächeln lebt ebenfalls alleine, arbeitete bis vor kurzem für einen Hungerlohn in einem Supermarkt, aus dem sie gefeuert wurde, weil sie abgelaufene Produkte statt diese “ordnungsgemäß” im groß0en Müllschlucker zu entsorgen einem Armen gab und gar einen Joghurt für sich selbst eingesteckt hat. Auf ihrer Jobsuche landet sie in einem Wirtshaus als Spülkraft, wo sie schwarz beschäftigt wird, aber leer ausgeht, weil ihr Chef am Tag der Gehaltszahlung wegen krummer Geschäfte festgenommen wird.

Rein zufällig trifft sie bei einem damit einhergehenden Menschenauflauf Holappa wieder. Diese Gelegenheit beim Schopfe packend lädt dieser Ansa zu Kaffee und Kuchen ein. Ein wenig später gehen sie gemeinsam ins Kino. Die Telefonnummer, die sie ihm am Ende des Abends gibt, damit sie sich bald wiedersehen können, verliert er aus Schusseligkeit sogleich sie um die nächste Ecke gebogen ist. Die beiden einsamen Seelen kennen nicht einmal den Namen des Anderen. Während Ansa glauben muss, Holappa interessiere sich nicht mehr für sie, sucht der Mann, der wegen seiner Sauferei mittlerweile zwei Jobs verloren hat, indes ununterbrochen nach ihr. Ob die Beharrlichkeit am Ende siegen wird?

Der neue Film „Fallende Blätter“ des Meisters der sanften Tragikomödien, Aki Kaurismäki, darf sich bereits über mehrere Auszeichnungen, vor allem über den diesjährigen Prix der Jury von Cannes freuen. Mit durchweg hervorragend agierenden Darstellern, hübschen Farbspielereien, den gewohnt wortkargen Dialogen, und dem ebenso legendären, also eher leisen “finnischen” Humor sowie mit wunderbarer alter und neuer Musik aus dem Land des Regisseurs – vom Tango bis hin zu einem Live-Auftritt des absolut entdeckenswerten Pop-Duos Maustetytöt – erzählt Kaurismäki über Liebe, Respekt und Hoffnung sowie über die Bereitschaft, sich für jemanden grundlegend zu ändern. Seine Helden sind einfache Arbeiter, die für ihr Überleben und erst recht für ein kleines bisschen Glückseligkeit hart kämpfen müssen, weil ihnen der Alltag kaum etwas schenkt. Der neue Kaurismäki, den es eigentlich nach seiner Ankündigung zu “Die andere Seite der Hoffnung“, dass dies seine letzte Regiearbeit sein solle, eigentlich gar nicht hätte geben sollen, ist somit unter den melancholischsten Produktionen des aktuellen Kinojahrgangs in jedem Fall die bis dato sehenswerteste, trotz oder gerade weil  Aki hier einmal mehr ein modernes Märchen, eine Verklärung der Gegenwart abliefert.



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