Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Kurz und schmerzvoll: Einblicke in die Upperclass

Spätestens seit “Orlando” weiß man, dass es die britische Regisseurin Sally Potter mitunter gerne betont kunstvoll respektive recht experimentell mag. Nun kommt ihre Gesellschaftskomödie “The Party” ins Kino. In Schwarz-Weiß. Als astreines Kammerspiel. Und lediglich 71 Minuten “lang”. Das war es denn diesmal aber auch schon mit den formalen Auffälligkeiten. Dafür überrascht der Inhalt: alle paar Minuten auf’s Neue. 

Die britische Politikerin Janet (Kristin Scott Thomas) hat enge Freunde und Mitstreiter in ihr Londoner Stadthaus eingeladen: es gilt ihre Ernennung zur Gesundheitsministerin im Schattenkabinett zu feiern. Sie selbst steht dafür in der Küche. Ihr Mann Bill (Timothy Spall) wirkt irgendwie außen vor. Zumindest bis nach ihrer Freundin April (Patricia Clarkson) und deren Partner (Gottfried – ein deutscher Aromatherapeut, dargestellt von Bruno Ganz) sowie einer Parteikollegin und deren lesbischer Partnerin (Emily Mortimer und Cherry Jones als Jinny und Martha ) der Investmentbanker Tom (Cilian Murphy) auftaucht, dessen Ehefrau Marianne – ihres Zeichens die Kampagnenleiterin von Janet – später nachkommen werde…

Um es gleich hier festzustellen: “The Party” ist eine höchst unterhaltsame, unbedingt sehenswerte Gesellschaftskomödie. Zu sagen “durchweg schwarzhumorig” wäre allerdings übertrieben. Aber Potter treibt ihre Figuren zumindest genüsslich dorthin, wo’s weh tut. Vordergründig geht es um zahllose offene Rechnungen, die Gäste untereinander und oder mit einem der oder mit gar beiden Gastgebern haben. Dass auch eine Schusswaffe eine Rolle spielen könnte, erfährt der Zuschauer gleich ganz zu Beginn des Films. Eine kurze Szene, Janet öffnet die Tür – wem, das sieht man nicht. Nur, dass sie die Waffe auf jenen Gast richtet. Schnitt. Ab jetzt wird dann in Echtzeit erzählt. Die Kamera ist stets sehr nah dran an den Gesichtern der Protagonisten. Egal ob diese gerade eine Schallplatte auflegen, oder im Bad heimlich Drogen konsumieren. Phasenweise könnte man den Eindruck gewinnen, dass “die Clintons” diese von der Regisseurin selbst geschriebene Geschichte mit beeinflusst haben – auch wenn sie formal in England und auf kleinerer politischer Ebene spielt. In jedem Fall geht es um ein “linksintellektuelles” Milieu, das hier auf die Schippe genommen wird. Was unter anderem so weit reicht, dass Janet von ihrer vermeintlichen Freundin den Rat erhält, dass ihr Mann, obwohl dieser gerade verkündete an Krebs erkrankt zu sein, besser nicht zum Privatarzt gehen möge, weil sie ja demnächst nach außen noch unbeugsamer das miserable öffentliche Gesundheitssystem verteidigen müsse…

Kurzum: Es geht in diesem Film sehr oft um Geschlechterrollen, Prinzipien, Karrierismus und Doppelmoral. Dazu kommen Geschichten und Intrigen rund um allgemeine und auch handfeste Paarprobleme. Kaum eine(s) der zahllosen Wendungen und Nebengleise ist letztlich vorhersehbar. Und selbst wenn mand as eine oder andere was da auf einen als Zuschauer in eben spielfilmuntypischer Kürze zukommt ahnt: es wird stets darstellerisch ansprechend aufgelöst. Der Film dessen Titel nicht zufällig als “Feier” aber auch als “Partei” übersetzt werden kann und am Ende eigentlich kaum noch Fragen über seine Charaktere, aber auch ganz allgemein über den Zustand der realen “Upperclass” sowie der aktuellen Politikerkaste offen lässt, ist  übrigens deutlich besser, weil eben politischer und gesellschaftlich-sozial relevanter als “Der Gott des Gemetzels”. Und der Cast – obgleich insbesondere Christoph Waltz dereinst die Latte schon hoch legte – hier noch einmal um Längen spielwütiger und in seiner Gesamtheit letztlich auch authentischer.



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