Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Ein Papagei landet vor Gericht

Volksverhetzung ist ein schweres Vergehen, wovor nicht einmal ein Nazi-Parolen nachplappernder Papagei geschützt ist. In „Kommt ein Vogel geflogen“ stellt das gefiederte Tier nicht nur seine neue Besitzerin sondern auch eine ganze Gemeinde auf eine harte Probe.

Birgit Singer (Britta Hammelstein) ist Tierheimleiterin und die Alleinverdienerin der Familie. Ihr Mann Nathan (Hans Löw) arbeitet an seiner Doktorarbeit, die kleine Tochter Sarah hat Sprachprobleme: sie stottert. Weil sie deswegen im Kindergarten gehänselt wird, wird sie immer wieder aggressiv. Die Kita-Chefin Beyza (Uygar Tamer) verspricht, die deshalb aufgebrachten Eltern der anderen Kinder zu beruhigen, im Gegenzug soll Birgit im Tierheim ihre Parteiplakate aufhängen. Denn im Ort steht mal wieder die lokale Wahl an und Beyza ist eine der Kandidaten – mit dem Slogan „Sozial, vegan, divers, ökologisch“. Birgit macht widerwillig mit, allein schon, weil der ernsthafteste Gegenkandidat, der amtierende Bürgermeister, das Tierheim schließen möchte. Etwa zur gleichen Zeit: weil sein Besitzer verstirbt ist ein Papagei herrenlos – kurzentschlossen nimmt Birgit den Vogel unter ihre Obhut. Und es kommt wie es kommen muss, Töchterchen Sarah freundet sich direkt mit dem Ara an, macht gar erste Fortschritte das Stottern abzulegen. Außerdem soll der Papagei für die Pro-Tierheim-Kampagne eingesetzt werden…

Es könnte also alles richtig gut werden, für Sarah, für das Tierheim – doch: unvermittelt und nicht nur einmal krächzt der bunte Vogel „SA marschiert“ und „Herrenrasse“. Und es sind bei weitem nicht die einzigen dubiosen Worte, die er offenbar bei seinem Vorbesitzer aufgeschnappt hat. Birgit ist also in einer richtigen Zwickmühle: der “Nazi-Papagei” taugt nicht für ihre Werbekampagne – zu allem Übel sind da weitere Probleme: der ohnedies unangenehm wirkende Nachbar schnüffelt wo er nur kann, die lokale Presse macht ihr ebenfalls ordentlich Druck, Nathans jüdische Eltern sind zu einer ohnedies lang ausstehenden Versöhnung im Anflug, die örtlichen Rechtspopulisten pochen auf die Selbstbestimmungsrechte des Vogels. Kurzum: obwohl die kleine Sarah in den Ara regelrecht verschossen ist und eben auch viel weniger stottert, muss der Papagei weg, um zu retten, was nicht schon sprichwörtlich in Scherben liegt…

„Kommt ein Vogel geflogen“, die neue Komödie von Christian Werner („Irgendwann ist auch mal gut“, 2020, „Kleine Eheverbrechen“, 2023), hat nominell viel Potential, um ein richtig bitterböser Film über die Widersprüchlichkeiten unserer modernen, pseudowoken Gesellschaft zu werden, vielleicht nicht so brachial herausragend wie Brüggemanns “Heil” vor acht Jahren, aber doch zumindest nachhaltig sehenswert. Denn die angerissenen Themen geben eine Menge her: sei es die Tatsache, dass ein armer Vogel, Sündenbock sein muss, weil er unglücklicherweise bei einem Ewiggestrigen wohnen “durfte”; die im realen Leben ja neuerdings überstrapazierte Political Correctness, Sensationsgier, nicht nur bei Möchtegern-Journalisten, Populisten und Intolerante. Oder auch die zum Judentum konvertierte Mutter von Nathan, die jüdischer sein will als ihr offenherziger Mann, der tatsächlich Nachkomme wirklicher Schoa-Opfer… Zwar kommt bei dieser Kinoproduktion in rund einem Dutzend Szenen eine ordentliche Portion Situationskomik auf – unter’m Strich aber fehlt es fast durchgehend an Mut. Statt konsequent böse zu sein gibt es viele Witzeleien die selbst einem Welke in seiner ZDF-Show zu seicht wären.

 

 

 

 

 



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