Zwischen Ostern und dem Start des so genannten 49-Euro-Tickets liegen knapp drei Wochen – eine Zeit in der kulturbegeisterte Franken ohnedies nicht über weite Reisen nachdenken müssen: denn in unserer Region gibt es fast täglich lohnende Konzerte oder Bühnenprogramme zu entdecken, wie unsere regelmäßig upgedatete Langzeitvorschau ja immer wieder zeigt. Die folgenden, handverlesen sieben Termine sind dabei besonders viel versprechend.
13.04.2023 – Schweinfurt – Fiddler’s Green
Die legendäre Folk-Rock-Band aus Erlangen lädt zum “Acoustic Pub Crawl” und will dabei beweisen, “dass Speedfolk auch im Sitzen so richtig abgeht, Spontanakrobatik inklusive und ohne jeglichen Energieverlust!” Hier werde die Folk-Sau rausgelassen und ein akustisches Feuer entfacht, das den elektrischen Shows in keiner Weise nachstehe. Dass die Jungs auch bei Akustik-Sets glänzen weiß jeder, der das Vergnügen hatte bei den Jubiläumskonzerten zum 20. live und in Farbe dabei sein zu dürfen, bei dem die Jungs als ihre eigene Vorband ohne Verstätker auftraten.
“3 Cheers for 30 Years” – unter diesem Motto wird nun das nächste Jubiläum gestaltet – und das eben mit Stehschlagzeug, Geige und “fachfremden Instrumenten wie Sitar, Maultrommel, Waschbrett und was sich sonst noch in 30 Jahren Bandgeschichte irgendwann irgendwo in den Bus verirrt hat oder was gerade eben so herumsteht, z.B. Bierflaschen, Blecheimer oder Suppenschüssel”.
Wie gut das dann alles mit Speedfolk bzw. Folk-Rock oder gar den anderen Elementen aus anderen Musikrichtungen wie Ska, Punk, Metal und Reggae zusammengeht: im “alten Stattbahnhof” zu Schweinfurt kann man das herausfinden: Tickets gibt’s im Vorverkauf für etwas über 40 Euro, als Support steht John Garner auf der Bühne – Einlass wird um 19:00 Uhr sein.
15.04.2023 – Nürnberg – Nun flog Dr. Bert Rabe
Ihre erste EP hieß “Semitrash”, nun stehen “Geschichten über das Übliche” im Vordergrund – der Legende nach habe Hannes als Mila mal in einer Kneipe sang und er zuhörte, das Klavierspielen gelernt, damit die Beiden eine Band gründen können. Mit Gesang, Bratsche, Klavier, Computer/Loopstation, Bier und Zigaretten vertonen sie seither Geschichten über das Übliche.
Ach ja, was das Übliche so ist, fragen Sie sich vielleicht gerade? “Biber, Streichholzschachteln, Giraffenkot, Papierflieger und so weiter…” sagen die Künstler, die auch betonen, “der Bandname ist zwar Mist, aber der Rest ganz gut”.
Was natürlich reines Understatement ist, wie sich mit einem Klick in eine der folgenden Youtoube-Clips belegen lässt – das ist allesamt mehr als nur ganz gut, nämlich richtig gut. “Kassetten & Hühner“; Perlenbaum; Vogelscheuche; Altes Haus…
Im Vorprogramm beim Gig im “Loft” des Gostner Hoftheaters wartet übrigens ein gewisser Fluse, der verspricht urmenschliche Tanzwut mit humanitärer Angriffslust zupfend in Einklang bringen zu können. Beide Auftritte gibt’s für superschlanke 10 Euro (Abendkasse 11 Euro) zu erleben.
21.04.2023 – Nürnberg – Christian Steiffen
Kennen Sie Hardy Schwetter? Nein? Dann haben Sie die vergangenen 15 Jahre so Einiges verpasst. Oder klingelt es vielleicht doch, wenn Sie die nachfolgenden Zeilen versuchen mit etwas Verve vor sich hinzusingen?
Es war gedacht für eine Nacht – Und ich hab gerne mitgemacht – Nur dass sie nie wieder ging – Und jetzt steh ich hier und sing
Ich hab dir den Mond gekauft – Und morgen schieße ich dich da rauf – Oder vielleicht sogar bis hinter den Mond – Denn da hast du ja schon immer gewohnt
Du fragst mich: “Wie war dein Tag?” – Und warum ich dich nichts frag – Hast du noch immer nicht kapiert –
Dass es mich gar nicht interessiert – Wenn du auch nur ein Wort verlierst – Denn was du redest hörst nur du
Und ich mach die Augen zu – Und ich träum du wärst nicht da – Und dieser Traum ist wunderbar – Denn ich weiß Träume werden wahr…
OK – wir geben zu, wenn da schon in der Überschrift ein richtiger Künstlername steht, und das Foto dieses tausendmal attraktiveren Schlagerstars als die sexysten Aufnahmen von Dieter Thomas Kuhn und Rex Gildo zusammen prangt, ist es gar nicht schwer gewesen zu erraten, dass Schwetter nur der bürgerliche Name jenes Ausnahmekünstlers ist, um den sich am 21.04. in der bescheiden „Gott of Schlager“ getauften Tour zum gleichnamigen Album alles drehen wird.
Bei neuen Songs, etwa „Wie der Wind“ gehe es um Freiheit, Verdauung und Vergänglichkeit, beleuchtet in einem Country-Gewand, das sich in psychodelische Sphären steigert. Mit „Schöne Menschen“ widme sich Christian der hässlichen Fratze des Schönheitswahns von den Gebrüdern Grimm bis heute. Das autobiografische Stück „Ich breche in die Nacht“ beschreibe eine Nacht und lote dabei die Gegensätze von Durst und Heimweh sowie Übelkeit und Gesellschaft aus. „Verliebt Verlobt Verheiratet Vertan“ schließlich sei natürlich selbsterklärend und gefolgt von fälligen klassischen Themen des deutschsprachigen Chansons wie Schützenfest, Seefahrt, Sylvester, Punkmusik und natürlich dem Karneval.
Ach ja, für alle die es noch nicht mitbekommen haben, aber sich frühzeitig Tickets besorgt haben – der Auftritt wurde aufgrund des hohen Kartenansturms vom Hirsch in den Löwensaal verlegt! Die Restkarten kosten im VVK ein klein wenig über 30 Euros – Einlass ist ab 19.00 Uhr.
28.04.2023 – Erlangen – Eläkeläiset
Die – nunja Jungs ist inzwischen ein klein wenig überholt – Herren hier links im Bild werden im E-Werk beweisen, dass wirklich alle Rock-, Pop- oder sonstigen Song-Klassiker auch als Humppa-Versionen gespielt werden können und dann eigentlich erst so richtig gut klingen.
Schon seit den ins Jahr 1993 zurückweisenden Anfängen der mit fulminantesten Livequalitäten aufwartenden “Rentner”-Band werden die Cover-Versionen – von Suzanne Vega über Kraftwerk, Alice Cooper, Velvet Underground und Queen bis hin zu Madonna und sogar Fools Garden – in finnischer Sprache vorgetragen. Was in schöner Regelmäßigkeit bei großen Teilen des (noch) nicht alle Eläkeläiset-Alben besitzenden Publikums zumindest für 20-30 Sekunden Panikattacken und wirre Fragen a la „Wie heißt denn jetzt dieser verdammte Song im Original?“ auszulösen vermag.
Denn jede Humppa Coverversion bekommt einen finnischen Titel, in dem das Wort Humppa auftaucht, aber der Originalinterpret auch in den aberwitzigen Anmoderations-Intermezzi niemals genannt wird. Auch in den Textzeilen wimmelt es nur so von Humppas. In einem Satz: neben Trunkenheit am Instrument wartet jede Menge Spaß für das Publikum! Denn schließlich definiert die Combo was Humppa ist treffsicher wie folgt:… wenn vier durchgeknallte, selten nüchterne Finnen die bekanntesten Chart-Ohrwürmer aus Rock, Pop und Metal im Polka-Stil nicht covern, sondern “verbessern”.
Wir hätten uns ja gewünscht, dass sie für ihr Heimatland mal beim “ESC” antreten – aber nun hüpft dort in weinigen Wochen irgendein grünes Ding herum und erzählt etwas von Cha-Cha-Chas – was gut ist für Musikfreunde in Deutschland. Denn anders herum hätten Eläkeläiset ja gerade gar keine Zeit Erlangen zu beehren.
28.04.2023 – Fürth – NH3
Aufrührerischer Ska-Punk, peitschende Bläsersätze, entflammende Texte, eingängige Chöre mit tanzbaren Off-Beats durchsetzte Arrangements werden beim Konzert im “Kopf und Kragen” versprochen: Denn nichts weniger als die Essenz dieser Dinge bringe NH3 – übrigens schon seit zwei Jahrzehnten, anfangs noch in der Langform Ammoniaka unterwegs – auf den Punkt und das ist es was sich der italienische Siebener aus dem beschaulichen Pesaro auf die Ska-Core Fahnen geschrieben hat.
Der Antriebsmotor für die politisch aktive Ska-Punk-Combat-Truppe ist: der Hass auf eine immer widerlicher und ausgrenzender werdende Welt sowie die Hoffnung und der unbedingte, unerschütterliche Glaube daran, diese Welt durch eigene Bemühungen am Ende dennoch zu einem besseren Ort zu machen…
Somit soll es Schluss sein, in angesichts der aktuellen weltpolitischen Situation und gesellschaftlichen Entwicklungen darauf zu hoffen, dass ein Superman oder ein Batman vom Himmel geflogen kommt und alles wieder einrenkt, was aus dem Ruder gelaufen ist. NH3 laden dazu ein, dass man sich selbst aus der Schockstarre und Apathie der wahrgenommenen Hilflosigkeit mobilisiert und aufhört, zu warten, dass der Ritter mit der goldenen Rüstung aus dem Wald geritten kommt und den Superheld in sich selbst entdeckt! Auf dass immer mehr Menschen all die Negativität und Apathie an sich abprallen lassen, die die moderne Konsum-Gesellschaft mit sich bringt.
Aber es gibt an dem Abend für den ohnedies mehr als sozialen Eintrittspreis von unter 13 Euros auch gleich noch die fränkische Combo “Ministry of silly Ska” als Vorband zu erleben, die sich in unserer Region nicht zuletzt dank diverser Bardentreffen-Gigs ja auch schon weit mehr als 15 Jahre eine treue Fangemeinde erspielt haben: welche bekannten Hits aus Pop (z. B. Britney Spears), Metal (z. B. Iron Maiden), Klassik (z. B. Mozart) oder Film (z. B. Fluch der Karibik) diesmal feilgeboten werden, wird noch nicht verraten.
29.04.2023 – Nürnberg – Benaissa Lamroubal
“Baba Nice” heißt es heute Abend in der “Eventlocation LUX – Junge Kirche” – Benaissa Lamroubal ist endlich mal wieder in Franken, einer der Stars des wunderbaren RebellComedy-Formats und während der letzten Fußball-WM ein wunderbarer Wegbegleiter des sympathischen marrokanischen Teams bei Tik-Tok. Mit Fußball ist es in der Metropolregion ja seit vielen Jahren nicht weit her, daher schnell wieder die Gedanken Richtung Wortakrobatik:
Benaissas neuestes Programm ist der Abschluss einer Trilogie, die mit Einblicken in seine Rolle als Sohn begann und auf die dann die Beziehung zu seinem Vater folgte. In seiner Evolution schließt sich nun der Kreis und der Comedian selbst tritt in die Rolle des männlichen Elternteils bzw. des „Babas“. Als zweifacher Vater thematisiert er in BABA NICE! die täglichen Herausforderungen des „Babas“ zwischen Erziehung, Verantwortung, Konflikten und Männlichkeit. Benaissa Lamroubal präsentiere seinen Humor wie gewohnt sympathisch in erfrischenden und authentischen Geschichten – und lädt die Besucher auf eine Reise in das Leben eines Comedians ein, der seit mehr als einer Dekade auf der Bühne steht. Begleitet wird er dabei von dem neuen Comedy-Talent Abdel Boudi.
30.04.2023 – Nürnberg – Bummelkasten
Im Saal des Z-Bau ist heute um 14.30 (!) “eine Berliner Ein-Mann-Band aus dem Kindermusikbereich” zu erleben. Klingt so zusammengefasst noch nicht sensationell, es ist aber ein Riesenspaß für klein UND Groß! Einziges Mitglied der Band ist Bernhard Lütke, der als Schauspieler zuvor an Comedy-, Film- und Theaterprojekten beteiligt war. Er gehört zu der Berliner Künstlergruppe Karmanoia. Für sein Kindermusikprojekt Bummelkasten erzeugt Lütke sämtliche Instrumente mit seinem Mund und mischt diese auf dem Computer zu einem Klangteppich für seinen Gesang. Bei Liveauftritten arbeitet er auch mit einer Loopstation.
Bummelkastens Kunst basiert laut Eigenangabe auf einer „spielerischen Haltung“. Tatsächlich, so hat es irgendjemand mal treffend niedergeschrieben, “erscheinen die Lieder trotz ihrer zeitlichen Begrenzung auf die handelsübliche Länge von Popsongs wie kleine Theaterstücke: reich an Stimmen und Geräuschen, mit wechselnden Musik- und Gesangsstilen”.
Für alle, die dieses schöne Projekt noch gar nicht kennen – bei Youtube gibt es Einiges zu entdecken. Als Anspiel-Tipps empfehlen wir “Prinzessin Susi” sowie den “Hausmeister Klaus“.