Der seit Jahren vor allem für seine queeren Filme bekannte Verleih Salzgeber bringt am 01.06.2023 mit “Eismayer” eine Geschichte aus dem österreichischen Militär, die sehr nah an wahre Begebenheiten angelegt sei und dabei sogar den realen Namen des vor seinem Outing allgemein als sadistisch verschrienen Ausbilders im Titel trägt.
Vizeleutnant Charles Eismayer (Gerhard Liebmann) ist ein wirklich harter Hund. Nahezu all seine Rekruten haben unter ihm sehr zu leiden: Hart, härter, Eismayer! Seine Ausbildungsmethoden, fußend auf absoluten Gehorsam und Disziplin, sind selbst für seine Vorgesetzten oft einen Tick zu viel, was etwas heißen will. Schließlich sind “wir” hier beim österreichischen Bundesheer.
Der gefürchtete Ausbilder hat aber ein streng gehütetes Geheimnis: Er ist schwul. Selbst seine Frau, mit der Eismayer zwei Kinder hat – eine perfekte Fassade –, ahnt nichts davon. Ab und zu anonymer schneller Sex mit irgendeinem Mann im Verborgenen und dann wieder funktionieren im Job und als Daddy. Sein Leben würde wohl “immer” so weitergehen, träte da nicht der neue Rekrut Mario Falak (Luka Dimić) auf die Bildfläche und in Eismayers Regiment. Der junge Mann macht aus seiner Homosexualität kein Geheimnis und scheint auch keine Angst vor dem brüllenden Ausbilder zu haben. Die harte Schale des Vizeleutnants bekommt langsam Risse. Das späte Outing gegenüber der eigenen Frau gibt Einblicke in Eismayers Elterngeneration, Vater und Mutter wussten früh von seiner “Veranlagung”: die Erzeugerin riet dem damals Jugendlichen, nur nicht “darüber” zu reden, “es” gehe vorbei und der Alte habe ihn bis zu seinem Tod nie wieder richtig in die Augen geschaut.
Nach einer wahren Geschichte aus dem Jahr 2014 schrieb Regisseur David Wagner auch das Drehbuch zu seinem ersten abendfüllenden Film: Die handelnden Personen tragen die Originalnamen der beiden Hauptfiguren, die sich tatsächlich in Galauniformen auf dem Kasernenhof das Ja-Wort gaben. Im Vorfeld zu seinem Film lernte Wagner beide Männer persönlich kennen, führte Interviews mit ihnen und mit ihrem Umfeld. Er habe selbst als Rekrut wilde Geschichten über „den härtesten Schleifer beim österreichischen Bundesheer“ gehört und sich vor Eismayer gefürchtet, ohne ihm je begegnet zu sein.
Es sind gleich mehrere Themen, die in diesem von seinen leisen Momenten lebenden Film zu tragen kommen: die Armee als Institution an sich, wie aus der Zeit gefallene Ausbildungsmethoden (im Abspann muten die erbetenen Hinweise der aktuellen Armeeführung etwas tragikomisch an, die betonen, dass heute alles anders als unter der Titelfigur abliefe), unterdrückte Homosexualität, die Lust am Leben, die durch eine Krebsdiagnose hart ins Wanken gerät, die generelle Angst sein wahres Ich zu zeigen. Aber auch und vor allem die Liebe, ganz ohne Kitsch und Schmalz. „Eismayer“ regt auf, ist manchmal unfreiwillig komisch, vor allem aber eine sehr spannende, glaubwürdig erzählte und auch hinsichtlich der Bilder überzeugend dargestellte Geschichte, nicht zuletzt Dank der Beiden hervorragenden Mimen Dimić als extrovertierter “Tschusch” und den vor Jahren für seine Hauptrolle in “M – Eine Stadt sucht einen Mörder” mit dem n Deutschen Schauspielpreis prämierten Liebmann.