Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Eine Ehekomödie und eine Reise zurück in die Zukunft

Scheidung oder lieber eine “finale” Lösung? In der vermeintlich schwarzen Komödie “Small Town Killers” ist in zwei Beziehungen die Luft raus – und mittendrin im Film aus Dänemark: gleich zwei Auftragskiller. In “Space is the Place” träumt derweil ein Musik-Prophet von einer besseren Zukunft für die unterdrückte Schwarze Bevölkerung der USA.

Als eine Reise “Zurück in die Zukunft” mit politischem Anspruch und einer Menge avantgardistischem Jazz – so kommt der mit viel trashiger Science-Fiction-Symbolik der 1970er Jahre ausgestattete Streifen “Space Is the Place” daher. Letzteres ist kein Zufall. Denn der Film hat bereits einige Jahre auf dem Buckel, kommt frisch restauriert in die Kinos: Entstanden ist er als Nixon Präsident der USA war, sein Land in Vietnam wütete und an der “Heimatfront” die schwarze Bürgerrechtsbewegung auf Schritt und Tritt gegängelt wurde – um es höflich auszudrücken. Auf der Leinwand zeigt sich denn auch eine Erde die im Wahn von Rassismus und Repression dem baldigen Untergang geweiht ist. Doch der Musik-Prophet Sun Ra ist im Anflug – er stellt der omnipräsenten Mixtur aus Drogen, Alkohol und – für viele ein trügerischer Ausweg aus der drückenden Realität – eine Utopie von Frieden und Glückseligkeit auf einem anderen Planeten gegenüber. Aber er hat einen Gegenspieler: den nicht minder mysteriös erscheinenden “Overseer”, der sich mit dem System arrangiert zu haben scheint und mit Ra schon einmal um den Einfluss auf die Schwarzen in Amerika stritt und nun ein Kartenduell ausfechtet, “bei dem gleich die Zukunft der gesamten schwarzen Menschheit auf dem Spiel steht..”

An manchen Stellen erinnern Handlung und Bilder an “Raumschiff Orion” in bunt. Aber um einen ausgefeilten Trickzauber, um optisch effektvolles Kino ging es den Machern um Regisseur John Carney und den auch im realen Leben als Musiker bekannt gewordenen, 1914 in Birmingham, Alabama, geborenen Hermann Poole, der sich irgendwann in Anlehnung an den ägyptischen Sonnengott den Künstlernamen Sun Ra zulegte, seine Band Arkestra (der Name ist eine Zusammensetzung aus Orchester und Arche) nannte und früh mit Vorläufern des Synthesizers experimentierte, offenbar ohnedies nicht. Der B-Movie-Charme ist unverkennbar gewollt. Doch für jenes Genre gibt es hier neben zahlreichen, teils gottesdienstgleich von Sängerin June Tyson betexteten Free-Jazz-Elementen wiederum eine absolut ungewöhnliche Menge an Message mitgeliefert. Nicht nur, wenn man an die in den letzten Jahren wie im Vorfeld der L.A.-Riots abermals perverserweise ungesühnt bleibenden Verbrechen bis hin zu Morden weißer amerikanischer Polizisten an schwarzen Menschen denkt (wo bleibt da eigentlich der Aufschrei deutscher Politiker oder irgendwelcher selbsternannter politischer Zentren?), hat “Space Is the Place” dabei an zentralen Stellen nichts an Aktualität eingebüßt. Einzig scheint natürlich der Glaube an die absolute Macht der Musik heute noch naiver als damals, wenngleich es weltweit Künstlern zur Ehre gereichen würde, nicht wie dieser Tage in Hamburg an einem von der ARD und bezeichnenderweise gar Teilen der Boulevard-Presse gehypten Pseudo-Event in einer Kommerzhalle Feigenblatt für die Politik zu spielen, sondern zu versuchen, wirklichen Revolutionsgeist zu wecken. Davon wohnt dem an vielen Stellen aber auch recht klamaukigen Film, der auch einen Abstecher ins Bordell und Begegnungen mit der NASA liefert, einiger inne. Und es gibt auch absolut ergreifende Momente, etwa wenn Ra der zur Tarnung eine Agentur für Zeitarbeit eröffnet, um Jünger für die Portierung auf einen fernen Planeten zu rekrutieren, einem Kerl, der nicht sicher ist ob er gerade träumt, verarscht wird oder es mit einem Aufschneider zu tun hat, in nahezu stoischer Ruhe erklärt: “Ich bin nicht real, ich bin wie Du – Du existierst in dieser Gesellschaft nicht. Wenn Du es tätest, würde Dein Volk nicht für Gleichberechtigung kämpfen. Ihr existiert nicht – wenn ihr es tätet, hättet ihr einen Status unter den Völkern dieser Welt. Also sind wir beide – Mythen. Ich komme zu Dir nicht als Realität, ich komme zu Dir als Mythos. Denn das ist es, was die schwarzen Menschen sind – ein Mythos. Ich komme aus einem Traum, den die Schwarzen vor langer Zeit träumten. Ich bin eine Erscheinung, die euch eure Vorfahren gesandt haben.”

Small Town Killers

Programmkinofreunde haben beim Namen Ole Bornedal “Nightwatch” (hierzulande: Nachtwache, Originaltitel: Nattevagten) in Erinnerung. DIesmal geht es bei dem Dänen nur sehr bedingt um Thriller-Elemente. Formal betrachtet will sein neuester Streifen eine schwarze Komödie sein: Es geht um zwei Arbeitskollegen aus dem Handwerksgewerbe – Edward (Ulrich Thomsen) und Ib (Nicolas Bro) -, die gern mal schwarz Kasse machen, was der örtliche Polizist ahnt und die jeweiligen Ehefrauen – Gritt (Mia Lyhne) und Ingrid (Lene Maria Chris­tensen) – längst herausbekommen haben. Letztgenannte sind offenbar schon länger nicht zufrieden mit ihren Göttergatten, nicht zuletzt weil es wohl auch im Bett selten befriedigend läuft oder – alternativ – die Geilheit der Kerle in den vermeintlich unpassendsten Situationen aufbegehrt. Die Ablenkungsversuche im Salsakurs mit dem attraktiven aber – “natürlich” – schwulen Tanzlehrer machen nicht nur nichts besser, sondern die Sehnsucht nach einem zweiten Frühling nur größer. Und auch ein Besuch bei einer Eheberatung brachte keine Fortschritte, so dass die beiden Damen bei einem Treffen des Quartetts ganz besonders verächtlich agierten, was wiederum die beiden Männer – nachdem sie auch noch erkennen mussten, wie teuer ihnen eine Scheidung zu stehen kommen wprde – zeitnah zu einem aus dem Ruder laufenden Alkoholexzess verleitet, bei dem letztlich ein Profi-Killer aus Russland angeheuert wurde, der – bei weitem nicht die einzige vorhersehbare Szene im Film – nun nicht mehr abbestellbar ist. Einzig dem Umstand, dass jener Typ sternhagelbesoffen am Flughafen ankommt, ist es dann zu verdanken, dass es kein Kurzfilm wurde, den Frauen also noch ein paar Möglichkeiten zur Gegenwehr bleiben. Kurzerhand bestellen sie sich eine Auftragsmörderin aus England: eine zunächst sehr gediegen, und harmlos erscheinende, betagte Lady, die aber wohl bereits in einem ALtenheim für einige unnatürliche Todesfälle verantwortlich zeichnete…

Fazit: Von der Schauspielkunst, den Bildern und einigen Gags zwar deutlich besser, aber kaum minder mit teils dümmlichen Klischees überfrachtet als zuletzt Maria Mafiosi: Leicht verdauliches Sommerkino, dass schon zwanghaft anmutend, in jedem Fall uninspiriert “political correctness” zu unterlaufen sucht. Besonders geeignet für Pärchen, die sich – für Drumherumsitzende hoffentlich – “nur” in dezenter Lautstärke gegenseitig foppen wollen und dabei unter anderem selbst über peinliches Beömmeln der männlichen Hauptfiguren über einen “Spastiker” und ein absolut tröges Ende hinwegsehen können.



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