Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Familienbande(n) mit mal mehr, mal noch mehr Klischees

“Ich wünsche dir ein schönes Leben” und “Maria Mafiosi”, die zwei Kinoneustarts, die wir diese Woche beleuchten, rücken beide eine schwangere Frau ins Zentrum. Die eine ist inmitten einer Ehekrise und will endlich wissen, wer ihre leibliche Mutter ist; die andere ist Dorfpolizistin und heimlich mit dem Sohn des zwielichtigen Chefs der örtlichen Pizzeria liiert.

Die erstgenannte Produktion entführt nach Frankreich, genauer gesagt nach Dunkerque – einer Hafenstadt im äußersten Norden des Landes. Hier befindet sich das Krankenhaus, in dem Elisa Bérard (Céline Sallette) in den 1980ern zur Welt kam, von ihrer Mutter aber sogleich zur Adoption freigegeben worden war. Ohne deren Zustimmung kann die Frau, die selber bereits einen zehnjährigen Sohn namens Noé (Elyes Aguis) hat und gerade ein weiteres Kind erwartet, auch jetzt nicht erfahren, wer ihre leiblichen Eltern sind. Elisa steckt inmitten einer Ehekrise. Ihr Sohn derweil vermisst seinen Vater, der mit den Beiden von Paris aus nur via Skype Kontakt halten kann, offenbar sehr.

In dem von Ounie Lecomte inszenierten Drama verdient sich die Protagonistin aktuell als Physiotherapeutin ihren Lebensunterhalt. Außerhalb der Praxis wirkt sie stets sehr unnahbar, in ihrem Beruf kommt sie ihren Patienten teils extrem nah. Ein Kontrast, der mit forlaufender Filmdauer überstrapaziert wirkt. Dazu kommen zu intensive Musikteppiche, zahllose Vorhersehbarkeiten und vor allem viel zu viele Klischees. Insbesondere wenn ­die von vielen Kindern nur “Pitbull” titulierte Annette (Anne Benoit), eine Hilfskraft der Schule, die Elisas Sohn aktuell besucht, immer wieder in den Mittelpunkt der Geschichte rückt. Auch wenn im letzten Drittel des Streifens einige zuvor aufgebaute Erwartungen wieder unterlaufen werden, wirken die Fragen nach Herkunft und Identität unterm Strich allzu bemüht. Aber immerhin vermag “Ich wünsche dir ein schönes Leben” in puncto Schauspielkunst und Kameraarbeit weitgehend zu überzeugen.

Maria Mafiosi

Die bayerische “Krimikomödie” erzählt von der Dorfpolizistin Maria (Lisa Maria Potthoff), die mit ihrem heimlichen Geliebten Rocco (Serkan Kaya) ein Kind erwartet und nach und nach in die kriminellen Machenschaften der Familie ihres Geliebten hineingezogen wird. Weder ihr Vater noch seine Eltern wissen bisher offiziell, dass die Beiden ein Paar sind. Und das, obwohl die Geburt ihres gemeinsamen Sprosses nur noch wenige Tage auf sich warten lassen dürfte. Vielmehr plant insbesondere Roccos Vater, dass sein Sohn in Bälde die Tochter des Clanbosses in Italien heiraten soll – die Familie ist nämlich selber ein Teil der Mafia, ihre Pizzeria dient primär als Drogenumschlagplatz…

Wer trotz dieser schon nominell klischeebeladenen Grundstory wenigstens eine dezentere Prise Multikulti-Humor wie in selber nur mittelprächtigen Filmen a la “Macho Man” oder den “Fuck Goethe”-Plots erwartet, geschweige denn wer bei Krimi und Bayern und der genannten Hauptdarstellerin oder der Erwähnung, dass auch Monika Gruber und der mit Satire bewandertere Sigi Zimmerschied mitwirken, auf latent Hinterfotziges, gar Doppelbödiges hofft, wird bitterlich enttäuscht werden! “Maria Mafiosi” kommt außer in seinen letzten fünf Minuten seltenst über dümmlichen und überdies langweilig erzählten Klamauk hinaus. Allenthalben ausgelatschteste Witzchen, die bezeichnenderweise zu 90 % zu Lasten “der Südländer” gehen und sich bestenfalls andeutungsweise auch mal selbstironisch zeigen. Kurzum: Der Streifen, dessen offizielles Plakat damit wirbt, dass Regiedebütantin Jule Ronstedt dereinst in dem wunderbaren “Wer früher stirbt ist länger tot” (als Lehrerin) mitgewirkt hat, ist eine absolute Zeit- und Geldverschwendung! Tragikomisch am Rande: die schon lange nicht mehr ernst zunehmende “Süddeutsche Zeitung” meint es offenbar ernst, wenn sie in Anbetracht von dem einen und anderen verhackstückten Sprach-Kauderwelsch des lokalen Mafia-Bosses, Roccos Vater (Tommaso Ragno), namentlich einem “ihre Obstblase isse geplatz”, von “wunderbarer (sic!) Balla-balla-Sprache” schwadroniert und überdies “die Absurdität einer mafiösen bayerischen Kleinstadt” gelungen verkörpert sieht und an mehreren Stellen ihres Premieren”berichts” Regisseurin und einen Darsteller vor der realen Gefahr italienischer Clanstrukturen für Deutschland warnen lässt. Wir empfehlen Philipp Crone mal den Ausflug in eine fränkische Mittelstadt – namentlich nach Bamberg. Dort kann er recherchieren, wie drei, vier deutsche Männer zwar hoffentlich nicht auch noch mit Drogen handeln, aber einen unschlagbaren Filz am Laufen halten, die halbe Stadt vom lokalpolitischen Amigo-System weiß, aber alle Ja und Amen sagen. Und zwar tendenziell bei Bier und Schweinswürsten und nicht in der nächsten Pizzeria.



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