In vier voneinander recht unabhängigen Episoden erzählt die chinesisch-japanische Koproduktion “A Touch of Sin” wie ihre Protagonisten im “modernen”, formal in wirtschaftlichem Aufschwung begriffenen – und damit die bestehenden gesellschaftlichen Normen einreißenden – China nach Gerechtigkeit suchen. Und wenn es diese schon nicht (mehr) zu geben scheint wenigstens aber auf unterschiedliche Art und Weise Selbstbestimmung proklamieren. In dem in Cannes mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichneten Spielfilm begegnet der Zuschauer zunächst einem Minenarbeiter, der sich gegen die Korruption seines Chefs auflehnt. Während sein Dorf in Armut verkommt, kauft sich der Minenbesitzer aktuell sogar noch einen Privatjet und bekommt dafür von der Masse der willfährigen Bevölkerung perverserweise gar noch Applaus. Wie Don Quichote auf Droge kämpft der Arbeiter dafür, dass nicht nur einer der Nutznießer der Schufterei der vielen ist. Für seine unverholene, lautstarke Kritik erntet er nicht nur Repression (namentlich eine Begegnung mit wenig zimperlichen Lakaien seines Brötchengebers) sondern auch von “seinesgleichen” nur Spott – bis er irgendwann zur Waffe greift.
Ein noch mittelloserer Wanderarbeiter hatte sich derweil längst für eine solche entschieden, so geht Geldverdienen einfacher. Und eine Sauna-Rezeptionistin wird so lange von Männern bedrängt, bis auch sie sich nurmehr mit drastischen Mitteln zu wehren weiß. Ein vierter Handlungsstrang – der vielleicht vielschichtigste – dreht sich zuvörderst um einen jungen Mann, der von einer perspektivlosen Arbeitsstelle zur anderen zieht und dabei erlebt, wie die Liebe an der wirtschaftlichen Misere zerbricht. Dazu muss er sich permanent bei seiner Mutter für das wenige Geld, was er verdient, rechtfertigen…
Wenn man sich, obwohl es eher ein Episodenfilm ist, auf die gut zwei Stunden von Chinas preisgekrönten Regisseur Jia Zhangke (Goldener Löwe für “Still Life) einlässt, trifft einem die ganze Wucht all dieser sozialen Ungerechtigkeiten einer im Grunde austauschbaren Gesellschaft sprichwörtlich ins Mark. Dabei wird “A Touch of Sin” (in den Hauptrollen Jiang Wu, Zhao Tao, Wang Boaqiang und Luo Lanshan) eigentlich betont ruhig erzählt, ist aber eben gleichzeitig in jedem Moment ungeschönt. Auch in den gewalttätigen und teils selbstzerstörerischen Szenen.