Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Mittendrin im Gefühlsleben eines Traumatisierten

Wer an Filme aus Indien denkt, erwartet wahrscheinlich zuvörderst irgendetwas mit mehr oder minder vielen Tanzeinlagen, knallbunte Kostüme, eine Lovestory und derlei mehr. Zwar sind aus dieser Schmiede seit Jahren auch immer wieder ziemlich anspruchsvolle Produktionen in die Kinosäle geschwappt, aber einen richtigen Thriller aus Indien – gab’s das schon mal in deutschen Lichtspielhäusern? “Te3n” jedenfalls ist ein würdiger Beitrag dieses Genres.

TE3NDer Streifen ist in der Millionenmetropole Kalkutta angesiedelt. Doch bei “Te3n” gibt es wie bereits angedeutet nicht nur keinerlei Bollywood-Anklänge – auch Armut, Slumleben, so genannte Überbevölkerung ist nicht einmal Randthema. Im Mittelpunkt der Geschichte steht vielmehr ein alter, trauriger, aber keineswegs rastloser älterer Mann: John Biswas, verkörpert von dem nicht zuletzt auch durch “Der große Gatsby” im Westen bekannt gewordene, 1942 geborene Star zahlloser Hindi-Filmproduktionen, Amitabh Bachchan.

Die Entführung und Ermordung seiner Enkelin Angela hat Biswas aus der Bahn geworfen. Nach einer kurzen, ziemlich verstörenden Rückblende auf die nun acht Jahre zurückliegenden Ereignisse ist der Zuschauer fortan zumeist mittendrin im Gefühlsleben dieses traumatisierten Mannes, der offenbar seit damals fast jeden Tag beim nahegelegenen Polizeirevier vorbeischaut, in der Hoffnung, dass es irgendein neues Mosaiksteinchen gibt. Dies würde ihm zwar seine Enkeltochter nicht zurückbringen, aber vielleicht Rachegefühle befriedigen, oder zumindest mittelfristig dem Täter seiner gerechten Strafe zuführen helfen. Denn der Typ, der Angela seinerzeit gekidnappt hat, wurde nie erwischt. Der Opa des Mädchens wollte sogar Lösegeld zahlen – ein Polizist war in der Nähe des Übergabeortes; doch irgendetwas – der Zuschauer kriegt es nach und nach in Rückblenden aufgelöst, manches erst in den letzten Filmminuten – lief schief. In jedem Fall knallte dem Polizisten, der nach folgenden vergeblichen Ermittlungen den Job quittierte und zum Priester mutierte, das Mädchen aus einer größeren Fallhöhe auf die Kühlerhaube und war sofort tot.

Besagter Polizist der heute somit Vater Martin heißt und eine Ermittlerin, die Biswas tagtäglich freundlich aber bestimmt mangels neuer Ansätze wieder nach Hause schicken muss, sind dem Anschein nach neben seiner inzwischen an den Rollstuhl gefesselten Ehefrau die einzigen Bezugspunkte, die der Großvater von Angela noch hat. Da begegnet ihm unvermittelt auf der Straße ein taubstummes Mädchen, das eine Strickmütze trägt, die dereinst zweifelsfrei seiner Enkelin gehörte. Eine neue Spur – die erste seit Jahren. Der Zuschauer sieht den alten Mann wie er diese in feinster Detektivarbeit angeht und mit viel Geduld und einigen Irrungen und Wirrungen in dieser ebenso spannenden wie hochemotionalen Kidnapping-Story aufgreift und dem Täter tatschlich auf die Spur kommt. Und dieser Täter scheint ausgerechnet just in diesen Tagen erneut zugeschlagen zu haben. Ein neuer Entführungsfall – mit allzu auffälligen Parallelen zur Geschichte der Biswas’…

Zwei Stunden und ein paar Zerquetschte können lang werden im Kino, aber die Arbeit von Regisseur Ribhu Dasgupta hat keinerlei zähe Passagen. Die Zeit vergeht aber auch nicht wie im Flug. “Te3n” nutzt vielmehr jede Möglichkeit dem Zuschauer neben der besagten Portion Thrill Zwischenmenschliches, Gefühlswelten aller Art und somit etwaige Beweggründe für diese oder jene Lebensentscheidung vor Augen zu führen und letztlich eindrucksvoll vorzuführen, dass schwarz-weiß-Denken gar bei solch glasklaren Verbrechen der Wahrheit nie vollends gerecht werden kann. Kurzum: ein absolut sehenswerter Streifen. Beachten Sie aber bei Ihrem Kinobesuch, dass der Streifen hierzulande gemeinhin nur im Original mit leider nur englischen Untertiteln angeboten wird. Es gibt zwar keine an sich besonders komplizierten Dialoge – sprich, auch Leute die nur einige wenige Jahre in der Schule Englisch hatten, aber völlig aus der Übung sind, dürften weitgehend mitkommen: aber manche Phasen wird recht schnell gesprochen, so dass man auch je nach Leinwandqualität bzw. auch Entfernung zur selbigen mit dem Lesen (und Übersetzen) kaum noch hinterherkommt.



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