Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Die Hausfrau und ihr Gefühl

Zumindest allen in Deutschland sozialisierten Menschen jenseits der 40 dürfte Loriots Kunst zumindest bekannt , wenn nicht gar im positivsten Wortsinn unvergesslich sein. Die Sprüche aus seinen Sketchen sind für viele jener Generation gar Allgemeingut geworden. Nun haben die Töchter zum 100. Geburtstag ihres Vaters in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Regisseur den Kinofilm „Loriots große Trickfilmrevue“ zusammengestellt – wofür eigens zahlreiche der Kult-Filmchen aufwändig restauriert und teilweise modifiziert wurden.  

In einem frühen Interview hat Loriot, bürgerlich Vicco von Bülow, über das zentrale Motiv seiner Werke es mal unmissverständlich formuliert: „Kommunikationsgestörte interessieren mich am allermeisten. Alles, was ich als komisch empfinde, entsteht aus der zerbröselten Kommunikation, aus dem Aneinander-vorbei-Reden.“ In seinen Filmen, ob gezeichnet oder gestellt, führte er entsprechend häufig genau das – egal ob in Szenen einer Ehe, in Büro- oder Alltags-gegebenheiten – in köstlichster Manier vor Augen: man denke nur an den „Feierabend“-Dialog zwischen der in der Küche werkelnden Ehefrau und ihrem arglos im Sessel sitzenden Gatten. Viele von Loriots eigenen Sprüchen, bzw. dem was er seinen oft knollnasigen Figuren in den Mund gelegt hat, sind bei gleich mehreren Generationen  in deren Sprachgebrauch gewandert: „Vielleicht stimmt mit deinem Gefühl etwas nicht“, „Die Ente bleibt draußen!“, „Der Hund kann gar nicht sprechen.“, „Ich lasse mir von einem kaputten Fernseher nicht vorschreiben, wann ich ins Bett zu gehen habe!“ oder „Das Ei ist hart“…

Am 12. November diesen Jahres wäre Loriot, dessen Künstlername aus dem Französischen für Pirol, dem Wappentier der Familie von Bülow stammt, 100 Jahre geworden. Der studierte Maler und Grafiker hatte sich nach einem kurzen Ausflug in die Werbebranche früh einen Namen als Karikaturist und Cartoonist gemacht. Ab dem Ende der 1950er Jahre kam die Schauspielerei und später auch das Fernsehen dazu. Unvergesslich sind auch seine gespielten Sketche mit Evelyn Hamann an seiner Seite. Doch die muss bei dem was nun ins Kino rollt außen vorbei bleiben – es geht diesmal ausschließlich um Loriots gezeichnete Geschichten.

„Loriots grosse Trickfilmrevue“ bietet formal betrachtet erst mal nicht viel mehr als knapp 80 Minuten lang aneinander gereihte, überwiegend sehr bekannte , durchweg  messerscharf erzählte Zeichenfilme. Insgesamt 31 – der Älteste davon aus dem Jahr 1967 („Farbfernsehen“), viele Titeln aus den 70ern wie „Comedian Harmonists“, „Der sprechende Hund“, „Das Frühstücksei“ oder der ebenfalls hier bereits erwähnte „Feierabend“, und einige wenige aus dem Anfang der 1990er wie „Helmut Schmidt“.

Die ursprünglich für das Fernsehen gemachten Geschichten wurden nun neu gezeichnet (insbesondere die frühesten Produktionen), zum Teil erstmals koloriert und liebevoll ins Kinoformat übertragen. Auch wenn im Grunde alles neu besser nachgezeichnet wurde – inhaltlich ist selbstverständlich alles identisch mit dem Original: lediglich die Auflösung ist nun höher, die Konturen schärfer, die Farben intensiver…

Produziert wurde der Film von den Töchtern des Künstlers, Bettina und Susanne von Bülow zusammen mit Regisseur Peter Geyer. Der studierte Rechtsanwalt arbeitet bereits lange Jahre mit der Familie zusammen, war aber auch Nachlassverwalter von Klaus Kinski (über den er vor rund 15 Jahren “Jesus Christus Erlöser” ins Kino brachte) und schrieb zu diesen beiden extrem unterschiedlichen Ausnahmekünstlern auch mehrere Publikationen. Auf die Frage nach der Idee, Loriots Zeichnungen nun für einen Kinoabend aufzubereiten, erinnert sich Geyer an die Vorfilme in seiner Jugend, wo zwischen diversen Werbungen auch Loriots Trickfilme zur großer Freude des Publikums mitliefen.

Obwohl „Loriots große Trickfilmrevue“ ein geballtes Wiedersehen mit dem u.E. genialsten Humoristen Deutschlands aus dem 20. Jahrhundert bietet, fürchten wir, dass der große Leinwanderfolg ausbleiben wird. Zumal es insbesondere der jüngeren Generation sicherlich schwer fallen wird, politisch gesellschaftliche Inhalte richtig einzuordnen – wobei diese zumindest bei der Aberwitzigkeit des Loriotschen “Familienoriginalbenutzers” auch das Gefühl haben könnte, dass man speziell ihnen einen Spiegel vorhält. Und die alten Fans dürften zwei Mal überlegen für ihnen teils auswendig bekanntes ein teures Ticket zu lösen. Leider muss man der Ehrlichkeit sagen, dass trotz der erkennbar liebevollen Aufbereitung der Sketche kein großer Gewinn im Unterschied zum “Pantoffelkino” entsteht, und die gesamte Produktion leider auch keine wirklich nennenswerte Dramaturgie erkennen lässt.



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