Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Es ist einfach nicht so einfach

In einer Kleinstadt widerfahren dem erfolglosen Wissenschaftler Cameron merkwürdige Dinge. Irgendwann kann man auch als Zuschauer gar nicht mehr zwischen “Wahr” und vermeintlichen Hirngespinsten unterscheiden. Mit „Linoleum – Das All und all das“ kommt am 15.02. eine melancholische Sci-Fi-Komödie von Colin West ins Kino.

Es gibt Astronomen und Astronauten, sagt der knapp 50jährige Cameron mal zu seiner Tochter: die einen beobachten die Sterne, die anderen fliegen zu ihnen. Er selbst wollte eigentlich Astronaut werden – geendet ist seine Karriere jedoch in einer Kleinstadt als recht erfolgloser Wissenschaftler, dessen kindgerecht aufbereitete Shows für einen lokalen TV-Sender um die Physik oder das All kaum noch Zuschauer finden. Früher hatte seine Frau Erin leidenschaftlich mitgewirkt, heute steht die Ehe vor dem Aus. Man wartet auf die Scheidungspapiere. Ab und zu besucht Cameron seinen Vater in einem Altersheim, der Mann hat Demenzerscheinungen. Dieses irgendwie nur mehr vor sich hinplätschernde Leben wird auf den Kopf gestellt, als ein roter Sportwagen wie aus dem Nichts vor Camerons Füße knallt. Der Fahrer überlebt quasi unversehrt, zieht mit seinem Sohn in die Nachbarschaft, bekommt auch noch unvermittelt den Moderationsjob von Camerons Wissenschaftsshow übertragen. Überhaupt scheint der Kerl der ihm dubioserweise auch noch recht ähnlich sieht irgendwie all das zu verkörpern, was er selbst nie hatte. Als dann auch noch eine Raumkapsel in Camerons Garten abstürzt, fängt dieser in Angedenk an seine alten Träume an, aus den Resten eine neue Rakete zu bauen. Aber statt endlich zu den Sternen zu fliegen, geht die Reise in sein Innerstes…

„Linoleum – Das All und all das“, ein US-amerikanischer Indie-Film von Colin West (er zeichnet auch für das Drehbuchverantwortlich), ist eine betont melancholisch inszenierte Komödie, die sehr plausibel beginnt, in der Mitte alles auf den Kopf stellt und zum Schluss jedes Puzzle-Teil an seine Stelle setzt. Für sein rundum gelungenes, sehr sentimentales und zutiefst menschliches Leinwandprojekt hat West ein durchweg authentisch wirkendes Darsteller-Ensemble zusammenbekommen. Comedian Jim Gaffigan spielt sowohl Cameron als auch dessen quasi Doppelgänger “Kent Armstrong”. Sein erster Charakter ist sanftmütig, liebt seine Frau und steht vor dem Trümmerhaufen seiner einstigen Träume, der andere Typ scheint indes knallhart zu sein und, wenn es der Karriere dienlich ist – ob seiner oder die künftige seines Sohnes- bereit, stets bis zum Äußersten zu gehen. An Gaffigans Seite steht Rhea Seehorn, in Europa vor allem bekannt für ihre Paraderolle als Anwältin Kim Wexler in „Better Call Saul“. Als Camerons Ehefrau Erin ist sie nun hin- und hergerissen, sie lechzt mit jeder Pore ihres Körpers nach Veränderung, eine Scheidung scheint dabei eine pragmatische Lösung als Ausstieg  von ihrem nur mehr als öde empfundenen Vorstadtleben in Dayton, Ohio. Und trotzdem sind die Zwei eigentlich noch immer ein harmonierendes Paar. Auch die jungen Darsteller Gabriel Rush (u.a. „Moonrise Kingdom“, „The Grand Budapest Hotel“, „The Kitchen“) als Marc und Katelyn Nacon (u.a „The Walking Dead“) als Nora – die Kinder von Gaffigans beiden Charakteren – spielen sehr überzeugend eine zarte Anbahnung zwischen Teenagern – wie der ganze mit vielen Anklängen an die 1980er spielende Film – sehr würdevoll ins Bild gesetzt vom ausgezeichneten Kameramann Ed Wu.



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