Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Beziehungsprobleme, mal tragikomisch, mal bis zur Selbstzerstörung

Mit “Mein Ein, mein Alles” startet diese Woche in Deutschland (im Original „Mon Roi“, mein König) eine Beziehungstragödie über eine eigentlich nicht zu schüchterne Frau (in der Hauptrolle eine schlichtweg – soviel darf vorweg genommen werden: herausragende Emmanuelle Bercot) die letztlich doch an den Eskapaden ihres nicht böswilligen, aber eben zu lebelustigen “Beau” zu zerbrechen droht. Fast ale Gegenentwurf zu dieser alles andere als leicht verdaulichen Geschichte kann “Sex & Crime” eine blutige Beziehungsfarce mit Wotan Wilke Möhring gelten – beide Streifen verdienen ein breites Publikum.

MaïwennManche Beziehungen sind eben einfach zu schön, um wahr zu sein. Im Grunde sollte man von dem erstgenannten, dem um Gestirnabstände ernsteren dieser beiden Filme aber vorab eigentlich auch gar nicht viel mehr wissen, als es der Verleih wie folgt ankündigt: “Nach einem schweren Skiunfall wird Tony (Emmanuelle Bercot) in ein Reha-Zentrum gebracht. Dort muss die junge Frau nicht nur mühsam das Gehen neu erlernen, sondern auch ihr inneres Gleichgewicht wiederfinden. Zeit, um auf ihre turbulente Beziehung mit Georgio (Vincent Cassel, bekannt u.a. aus “Elizabeth” oder “Die purpurnen Flüsse”) zurückzublicken.” Vielleicht noch: dass auch wenn die Geschichte primär aus der Sicht einer Frau erzählt wird, kein ödes reines Geschlechterkampfding auf die Leinwand kommt, sondern eine weitgehend differnzierte Betrachtung von schleichenden Prozessen, von dem Problem, vor dem viele Paare stehen – erst recht denen die sich mehr oder minder Hals-über-Kopf verliebten: dass man irgendwann das, was den anderen ausmacht, was einem eigentlich am Anfang ganz besonders faszinierend erschien, auf Dauer und vor allem von der von-der-draußen-draufschau- zur mittendrin-Perspektive geänderten Position aus als nurmehr nervtötend, wenn nicht gar lebenskraft-abschneidend empfindet. Und: dass “Mein Ein, mein Alles” dramaturgisch dabei mit dem Stilmittel von Rückblendsequenzen jongliert. Das Ganze gelingt hier dabei dermaßen harmonisch und unaufgeregt – mit Fingerzeigen in Gegenwart und vor allem für alle Beteiligten klareren Zukunft -, wie man es im europäischen Arthouse-Kino schon lange nicht mehr erleben durfte.

Zusätzlich spannend wird der “Mein Ein, mein Alles” Plot auf einer Ebene, die man auf der Leinwand nicht erahnen kann. Es handelt sich hier um eine Arbeit von Maïwenn (inzwischen 39), die vor Jahren bereits mit “Polisse” („Polizei“ – gewann 2012 in Cannes den Preis der Jury) bewies, dass sie es versteht, Achterbahnen der Gefühle, vor allem den beständigen Kampf um Anerkennung authentisch zu inszenieren. Die mitunter auch als Darstellerin wirkende und in beiden genannten Streifen auch für’s Drehbuch verantwortliche Frau kam als Fünfzehnjährige nämlich mit dem damals mehr als doppelt so alten Luc Besson zusammen, und wundert sich dem Vernehmen nach darüber, dass man diesem nie den Vorwurf gemacht habe, dass sein ‘Léon, der Profi’ vielleicht gravierende autobiographische Züge trage. Mit Besson als auch mit dem in Frankreich als Playboy verschrienen Nachtclubbesitzer und „Lui“-Herausgeber Jean-Yves Le Fur hat Maïwenn je ein Kind. Beides sehr spezielle Männertypen, und irgendwie wird man zum Ende von “Mein Ein, mein Alles” den Verdacht nicht los, dass man vielleicht stärker als im besten Besson-Streifen so far, mit dem die damals zwölfjährige Natalie Portman üner Nacht “weltberühmt” wurde, nun eher bei ihr nach künstlerischer Verarbeitung eigener Erfahrungen suchen kann.

sex-crime-plakatIn “Sex & Crime”, dem zweiten Neustart, den wir diese Woche beleuchten möchten, findet sich indes hoffentlich gar nichts Autobiographisches. Denn in dieser Beziehungsfarce führen Probleme zwischen Mann und Frau letztlich zumindest indirekt – wie das Filmplakat unschwer vermuten lässt – zu Mordversuchen und tatsächlichen Todesfällen. Die schwarze Komödie dreht sich um einen, von dem dem gemeinen Zuschauern noch immer noch viel zu unbekannten Fabian Busch (besonders genial in SommerHundeSöhne) verkörperten Schriftsteller Theo, dessen Kumpel Valentin (Wotan Wilke Möhring) wohl schon länger mit seiner Frau Katja (Pheline Roggan) “verkehrt”. Das scheint der Gehörnte noch nicht mal zu ahnen, was ohnedies inzwischen zweitrangig scheint, da Katja nicht nur fremdgeht, sondern Theo nun auch noch ganz verlassen hat. Was wohl zumindest am Rande etwas mit dessen Herzschwäche zu tun hat, die sich in jüngster Zeit dem Vernehmen nach auf das Sexleben der Beiden niederschlug. Wie es der Zufall (?) so will, begegnet der Autor in dieser schweren Phase einem vermeintlichen Groupie, der Kellnerin Mörli (Claudia Eisinger), die anscheinend nicht mehr nur seine Krimigeschichten verschlingen möchte. Scheinbar selbstlos stellt Valentin dafür seine Bude zur Verfügung – doch als Theo ihn dann nach eiigen Stunden mit nebulösen Nachrichten dringend zu sich, bzw. in sein eigenes Haus bestellt, steht sprichwörtlich bald kein Stein mehr auf dem anderen. Und am Ende ist alles doch irgendwie ganz anders, als man sich das so zwischendurch als Zuschauer zusammenreimt. Oder eben doch nicht…

Für alle ganz pfiffigen und oder genreerfarehenen Leser, die nun vermuten, “ach ja, sicher alles nur ein Traum oder Plott für einen der neuen Romane des Theo – es dreht sich ja hier um einen Krimiautoren: kaaaaaaaaalt! So kalt, wie mancher Körper im Verlauf des kurzweiligen, wenngleich manchmal einen Ticken zu überdrehten Kinodebuts des Paul Florian Müller.



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