Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Ein vermeintliches Großstadtmärchen in schwarz-weiß und bunt

Vor zwei Jahren lief sein Erstling “Voll Paula!” – eine Geschichte um “Entscheidungen im Liebesleben und in der Karriere”. Auch Malte Wirtz’ zweite Kinoproduktion “Hard & Ugly” dreht sich im Grunde kaum um etwas Anderes. Wobei die männliche Hauptfigur offenbar wenig von dem einen noch dem anderen Themenfeld versteht.

Werter Leser, haben Sie in Ihrem Leben schon mal jemanden kennengelernt, der ernsthaft “Et” heißt? Nicht in Richtung “fremde” Kulturkreise grübeln, nein! Eher an einen Typen denken, der so aussieht, wie irgendwelche Möchtegern-Nicht-Lifestyle / Möchtegern-Journalismus “Plattformen” a la VICE oder bento gemeinhin ganz aufgeregt Typen skizzieren oder gar illustrieren, wenn sie wieder irgendwelche unbedeutenden Geschichten über so genannte Hipster, die im Übrigen generell eine reine Erfindung zweier Expraktikanten von extra3 und polylux (R.I.P.) sein könnten, erzählen wollen. Eine Menschengattung, die aber eben – auch wenn “man” seit Jahren täglich von ihr hört – weder in München noch in Berlin geschweige denn in gewöhnlichen Orten “normale” Lebensräume besiedeln, sondern in freier Wildbahn wohl deshalb kaum anzutreffen sind, weil sie überprortional in den Redaktionsräumen solcher weltfremder und nur scheinbar intelektueller Gazetten wie den beiden eingangs genannten veröden. Und das mutmaßlich auch nur als unterbezahlter oder gar nicht bezahlter Langzeitpraktikant, wenn sie sich nicht gerade mit irgendwelchen Fotoshootings für gruselige Modekollektionen verdingen. Medien spielen in Malte Wirtz’ zweiter Kinoproduktion “Hard & Ugly” (im Untertitel: “Eine Liebesgeschichte”) übrigens eigentlich gar keine Rolle. Auch Versandauskataloge nicht. Und so erzählen wir Ihnen einleitend nur mehr dies: In vergangener Zeit war zumindest ein “et omnes sancti” (frei übersetzt: “und alle Heiligen”) als Vorname bekannt, wird aber hierzulande nur als zweiter oder dritter Vorname von Standesbeamten genehmigt, wenn ein weiterer als “richtiger” Rufname voran steht ist, der das Geschlecht eindeutig ausweist. Ansonsten gibt es auch auf einschlägigen Seiten nicht ansatzweise einen Beleg, dass irgendjemand hierzulande tatsächlich “Et” heißen könnte.

Finden Sie eigentlich, dass wir – für die, die unsere Seite am Ende vielleicht nur auf der Suche nach “Et” entdeckt haben: ganz anders übrigens als normalerweise in unseren Filmkritiken – bisher ganz schön viele Worte verloren haben, ohne auch nur irgendetwas Sinnvolles zu besagtem Film zu berichten, gescheige denn einzuordnen? Wenn Sie für den Streifen ins Kino gehen und es dort länger als eine Viertelstunde schaffen, nicht ähnliche Gedankenspiele zu entwicklen, um die Zeit zur Entscheidungsfindung “bleibe ich sitzen oder gehe ich” zu überbrücken, ziehen wir vor Ihnen gedanklich den Hut. Aber Sie haben recht. Wir hätten auch gleich sagen können: formal geht es um einen jungen Mann – richtig, sein Name lautet “Et” – der in den ersten Sequenzen als Gymnastiklehrer leicht überspannt wirkt und alsbald von seinen rund zehn Jahre jüngeren Chefs gefeuert wird, was für den Zuschauer mutmaßlich irgendwie lustig oder tragikomisch rüberkommen soll, aber nicht mal wenigstens konsequent albern erzählt wird. Eher so, wie Typen die sich selbst beömmeln, wenn sie anderen ein vermeintlich (sic!) vielsagendes Mimimi an den Kopf knallen, weil ihnen jedwede Basis fehlt, auch nur einen halben geraden Satz zu formulieren. Letzteres könnte jetzt aber dann doch auch eine halbwegs-Beschrebung von “Et” sein. Der tigert nach seiner Kündigung erst etwas “ungerade”, letztlich aber sehr zielstrebig zu einer Berliner Brücke, von der er sich herabstürzen will, wovon ihm letztlich eine gewisse Carla abhält. Die zweite Hauptfigur wiederum hat eine sehr seltsame Mutter und einen Freund bzw. seit kurzem Ex-Freund, der mutmaßlich ihr selbstgefälliges Gequassel nicht mehr aushielt, und sie in ihrer Abwesenheit vor die Tür gesetzt hat. Et ist auch Single, und so folgt eine Geschichte über ein neues mögliches Liebespaar, das aber – Achtung und sorry: megafetter Spoiler (aber wenn der Regisseur in Interviews selber lang und breit betont, dass es – wieder – ein Film ohne “Happy End” ist, verraten wir ja im Grunde nix Geheimes) – leztlich keines wird. Dies aber aus natürlich nicht auch noch zu verratenden Gründen, die immerhin was das Drehbuch angeht, nicht wirklich vorversehbar sind, obgleich der Kinobesucher von Beginn an bei dem ersten Zusammentreffen von Et und Carla zwangsläufig ein schlechtes Gefühl haben muss.

Zur formalen Ebene: hier warten mitunter ein paar richtig geile Kameraideen bzw. rundum gelungene Bilder, auch ein paar verschrobene Dialoge verdienen das in diesem Fall durchaus als Kompliment gemeinte Prädikat “nett”. Aber in der Gesamtschau ist es selbst (!) für eine betont off-artige, eine in ihrem Subtext Pseudogestalten den Spiegel vorhalten wollende Kinoproduktion eine unsagbare Langeweile ausstahlende, und außer vom Et-Darsteller (Patrick Güldenberg) schlicht grottig gespielte “Geschichte”, die – was schon vor Jaaaaahren in der ARD-Serie “Berlin, Berlin” wie ein billiger Abklatsch der in “Lola rennt” wunderbar stimmig erschienenen Symbiose von Real- und Animationsfilm wirkte – Filmformen mischt. Leider sind aber die Tricksequenzen in “Hard & Ugly” noch schwächer als die Schauspielkunst seiner meisten Darsteller, die im Übrigen – das passt immerhin auch noch, wirkt unterm Strich nicht aufgesetzt – allesamt in einem Schwarzweißstreifen agieren.

Vor einigen Wochen startete in den deutschen Kinos die Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes – dies war nun auch kein Meisterwerk, aber im direkten Vergleich dazu, müsste man den Film von Malte Wirtz akut abstiegsgefährdet in die sechste Spielklassenebene verorten, während die vorgenannte Arbeit des Nürnbergers Julian Radlmaier, an die Tore der ersten Liga anklopft. Zur Ehrenrettung von “Hard & Ugly – Eine Liebesgeschichte” darf nicht unerwähnt bleiben, dass es sich hier tatsächlich um eine regelrechte Low-Budget-Produktion handelt, keine Fernsehsender und Filmförderungsanstalten gepampert haben.



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