Omar Sy, bekannt aus „Ziemlich beste Freunde“, kehrt nach Hollywood-Ausflügen mit unter anderem X-Men und Inferno in einer französischen Kinoproduktion vermeintlich zurück zu seinen Wurzeln: Eine Kurzkritik zur neu startenden Komödie „Docteur Knock – Ein Arzt mit gewissen Nebenwirkungen“.
Die Grundgeschichte ist schnell erzählt: Zunächst erlebt der Zuschauer die Hauptfigur Knock auf der Flucht. Der Mann hat offenbar Spielschulden bei den falschen Leuten gemacht – wenn er nicht zeitnah zurückzahlt, geht es ihm an den Kragen. Doch er hat Glück: mit einer gewissen Chuzpe landet er auf einem Kreuzfahrtschiff und darf sich ohne jedwede Vorkenntnisse als Arzt verdingen. In diesen ersten Minuten zeigt der Film von Lorraine Levy („Der Sohn der Anderen“) bereits, dass er, wenn er die Wahl hat zwischen Klamauk und Satire, zu Ersterem tendiert. Dabei ist die Grundlage aus dem Jahr 1923 von Jules Romains – dessen „Knock“ gehört dem Vernehmen nach bis heute zu den beliebtesten Dramen des französischen Theaters – eben ganz anders angelegt. Worauf bereits der Untertitel der Buchvorlage in der deutschen Übersetzung hinweist (“Knock oder der Triumph der Medizin”). Insofern kann man dem Verleih danken, dass er mit dem dümmlichen Untertitel für den Kinostart hierzulande von Assoziationen zu Molières “eingebildeten Kranken” ablenkt und vielleicht nur das Publikum anzieht, dem das Niveau des Films ausreicht.
Denn auch wenn nach dem auf der Leinwand rasch folgenden Zeitsprung – vermeintlich mit einem abgeschlossenen Medizinstudium, zumindest mit einer echt wirkenden Urkunde in der Tasche trifft Knock (Omar Sy) nun in dem kleinen Städtchen Saint-Mathieu ein (der bisherige Arzt dort suchte einen Nachfolger, will sich auf’s Altersteil zurückziehen) – das an sich äußerst spannende Thema Einzug hält, dass Ärzte sich ihren Markt mitunter erst schaffen, selbst kerngesunde Menschen tendenziell grundlos viel Zet und Geld bei Quacksalbern und Apothekern verschwenden, bleibt “Ein Arzt mit gewissen Nebenwirkungen“ weitgehend seicht. Ihr meistes Herzblut vergibt die Geschichte auf die Nebenstory, dass sich Knock („Ein gesunder Mensch ist ein Kranker, der seinen Zustand nicht kennt.“), der seinen eigenen Markt mit Gratiskonsultationen ankurbelt, um dann jedem ein Wehwehchen oder gar Ärgeres einzureden, in eine junge Magd verliebt, die tatsächlich an Tuberkulose erkrankt ist, und für die er eine vernünftige Kur anleihert.
Schade! Denn Jules Romains Abhandlungen über die Naivität, Leichtgläubigkeit und Manipulierbarkeit von Dorfbewohnern könnte sich thematisch hervorragend ausweiten, ja gar ins Hier und Jetzt transportieren lassen. Zwar macht „Docteur Knock – Ein Arzt mit gewissen Nebenwirkungen“ formal vieles richtig (ordentliche Bildführung, dezente Musik, durchweg grundsolide Schauspielkunst…), aber unter’m Strich ist der Film viel zu banal geraten: Statt einen irgendwie trotz aller kleinen Gaunereien liebenswerten Charmeur zu zeigen, hätte zumindest ein gerüttelt Maß Satire – gerne nicht “nur” gegen den Medizinzirkus, sondern, wie in der Literaturvorlage intendiert, auch gegen die intellektuelle Verführbarkeit – unbedingt in diesem prominenten Stoff erhalten bleiben müssen. So aber ist’s eine reine Zeiverschwendung! Wohlfühlkomödien sollten wenigstens nicht noch so tun, als seien sie irgendwie ambitioniert.