Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Cemetery of Splendour (Regie: Apichatpong Weerasethakul)

cemeteryofsplendourFrüher diente das lichtdurchflutete Gebäude als Schule, nun ist es in ein Krankenhaus umfunktioniert. Die einzigen Menschen die hier aber behandelt werden, besser gesagt in Betten liegen sind: warum auch immer in Tiefschlaf gefallene junge Männer – im weiteren werden sie stets als Soldaten bezeichnet, vermeintlich waren sie das auch alle einmal. Ansonsten gibt es hier noch ein paar Frauen – offensichtlich Personal – und einige Familienangehörige, die allesamt regelmäßig nach den Männern schauen, lange an ihrer Seite sitzen.

Neben den Patientenbetten sind zudem Röhren aufgestellt, die nachts wahre Farbflüsse darbieten, die Heilung unterstützen, die erkennbar unruhigen Träume der Soldaten besänftigen sollen. Einige der Männer wachen denn auch tatsächlich wieder scheinbar richtig auf – aber nur für kurze Zeit. In dieser gehen sie dann mit dem Pflegepersonal oder Verwandten in die Kantine oder spazieren im Park – über kurz oder lang schlafen sie aber eben mehr oder minder unvermittelt wieder ein. Draußen im Krankenhaushof wird derweil die ganze Zeit gebaggert – angeblich für irgendwelche Leitungen. Keiner weiß etwas konkretes.

Unter den Frauen sind vor allem Jen und Keng bemerkenswert: letztgenannte ist eine junge, in anderen Lebensbelangen eher unerfahren wirkende Seherin, die unter anderem auch für Jen, die wegen einem verkürzten Bein auf Krücken läuft, geistige Verbindungen zu den Schlafenden herstellt. Dank Keng kann Jen tatsächlich in die Traumwelt eines der Patienten blicken, gar förmlich an seinem “zweiten” Leben teilhaben. Sie selbst ist ansonsten in der realen Welt anscheinend mit einem Amerikaner verheiratet, und hält sich ansonsten mit dem Verkauf selbstgestrickter Babysocken über Wasser. Im Krankenhaus hat sie den Soldaten Itt, der von keinem einzigen Verwandten besucht wird, zu ihrem persönlichen Pflegefall gemacht…

“Cemetery of Splendour” – was etwa so viel wie Friedhof der Pracht bedeutet – ist der neueste Spielfilm des nicht nur in seiner thailändischen Heimat gefeierten Regisseurs Apichatpong Weerasethakul. 2004 bekam er in Cannes für “Tropical Malady” den Jurypreis, 2010 wurde er für “Uncle Boonmee erinnert sich an seine früheren Leben” ebenda gar mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Erneut sind die Grenzen zwischen Realität und Traum fließend. In einem Strandcafe wird Jen von zwei jungen Frauen angesprochen, die als Göttinen einem Heiligenschrein entstiegen sein sollen, und ihr erzählen, dass das Gebäude des Krankenhauses auf einem uralten Friedhof gebaut worden sei und dort begrabene Könige die Energie der schlafenden Soldaten für ihre immer währenden Kriege benutzen würden. Zusammen mit Keng läuft sie ansonsten im großen Park spazieren, als wäre dieser ein riesiger Königspalast.

So viele interessante Szenen der Streifen aufzuweisen hat: er ist extrem langatmig erzählt und auch die Art der Bildsprache ist durchaus anstrengend. Unausgeschlafen oder nach einem betont harten Arbeitstag dürfte dies auch für ausgesprochene Arthouse-Freunde eine vielleicht zu schwere Kost sein. Auch ist es einer jener Filme, wo man sich etwa im Viertelstundentakt unweigerlich denkt, hätte man auch nur einen Funken mehr als beispiesweise rudimentärstes Wikipedia-“Wissen” über den gezeigten Kulturkreis (in dem Fall Thailand), man würde den Film sprichwörtlich mit völlig anderen Augen sehen, zumindest wenigstens die eine oder andere der offensichtlich zahllosen Anspielungen oder Andeutungen verstehen, manches viel besser einordnen können. So aber bleiben – weil der Film da auch mit keiner Vorerzählung oder Off-Szenen o.ä. auch nur ansatzweise an die Hand nimmt – nur Burchstücke kleben, wie die surrealen Bilder des Raums mit den schlafenden Männern und den unterschiedlich leuchtenden Röhren, was einem letztlich ziemlich indifferent zurücklässt, wenngleich man durch die Schlussseqeuenzen kurzzeitig das Gefühl erfährt, nun doch das Wesentlichste verstanden zu haben.



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