Spätestens seit dem Zeitalter der Computerspiele hat es die Brettspielbranche nicht leicht. Neben der sicher bereits mühsamen Pflege alter “Freundschaften”, Analog-Spieler die immer älter werden und sich wohl allzu oft mit ihrer Auswahl im Schrank zufrieden geben, bedarf es erst recht frischer Ideen die Jüngsten für sich zu gewinnen – mit zeitgemäßer Aufmachung und idealerweise mit schlauer Einbindung der Eltern, damit diese nicht nur halbherzig beim Nachwuchs Karten oder Steine hin und herschieben. Wir haben uns drei aktuelle Spiele für ab 5.-6. Lebensjahr näher angesehen und mit der jungen Zielgruppe ausgetestet.
Ameisen verschaukeln – “Spinderella” aus dem Zosch-Verlag wirbt auf dem Cover mit einer – unserer Meinung nach – sehr gelungenen Comiczeichnung von drei fies aussehenden Spinnen, vor denen Ameisen weglaufen. So bestand große Vorfreude bei unseren jungen Testspielern wie auch der Redaktion, zumal dieses Produkt im laufenden Jahr mit dem Kritikerpreis “Spiel des Jahres” ausgezeichnet worden war. Das Innenleben im Karton war denn aber auch gleich ein Stück weit ernüchternd. Wirklich launig oder auch nur liebevoll ist da herzlich wenig. Also gleich weiter zur Spielidee: Spinnengeschwister schnappen sich Ameisen, die sich unter ihnen sich bewegen – aber: nur aus Spaß! Nach einem beherzten in die Luft ziehen werden die Hautflügler wieder freigelassen, dürfen wieder im Wald herumlaufen, nicht, dass am Ende zu zart besaitete kleine Spieler auf die aberwitzige^^ Idee kommen könnten, (echte)Spinnen würden Ameisen essen wollen. Kurzum: wir finden es immer etwas schade, wenn Spiele (oder auch Filme) die mit Naturthemen daherkommen, dann so völlig realitätsfern agieren. Positiv indes: Das, nennen wir es mal “3-D”-Spielfeld beziehungsweise das Wald- und Wiesenszenario ist schnell aufgebaut: auf die untere Kartonhälfte gilt es das Spielbrett zu legen, in die Kartonecken vier “Baumsäulen” zu befestigen und auf diesen wird dann das zweite Spielbrett arretiert. Während unten die Ameisen ihren Marathon laufen, hocken oben zwei Spinnenbrüder und lassen ihr Schwesterchen mit dem Seil nach unten, damit sie mit der einen oder anderen Ameise kurz herumtrollen kann – das funktioniert dann mit Hilfe eines Magneteffekts. Spinderella ist ansonsten ein Würfelspiel, bei dem die Kids in einem Zug entweder in die Rolle der Spinnen oder die der Ameisen schlüpfen.

Es ist dabei gar nicht so einfach, die Spinnen-Jungs, die mit einem Miniseil miteinander verbunden sind, so zu bewegen, dass sie sich selber nicht zu nahe kommen und das Spinnenmädchen sich trotzdem genau zum passenden “Zeitpunkt” auf der richtigen Höhe befindet, um eine Ameise zu fangen. Die letzteren haben die Möglichkeit – beim passenden Würfelergebnis -, sich auf ihrem Weg vom Start zum Ziel in einer Baumborke zu verstecken. Wenn drei gleichfarbige Ameisen (also das Inventar eines Spielers, Spinderella ist bis zu vier Spieler ab 6 Jahren konzipiert) das Ziel erreicht haben, ist eine Partie zu Ende – normalerweise in deutlich weniger als 30 Minuten. Definitiv kein Zeug zum Kultspiel – selbst Kinder die noch nicht zahllose andere Brettspiele kannten, langweilten sich relativ rasch bei diesem Zweiebenen-Spiel, das aktuell gemeinhin unter 20 Euro angeboten wird. Spielidee/Aufmachung/Material: 3/5 – Spielanleitung/-ablauf 4/5 – Spaß/Spannung/Suchtgefahr: 2/5
Piratenschätze ergattern – Die Coverzeichnung von “Schatz Rabatz” versprüht unseres Erachtens 80er-Jahre-Feeling und hat dabei aber leider keinerlei Retrocharme, der aber die kleinste Zielgruppe wahrscheinlich auch nicht erreichen würde. Aufmerksam wurden wir trotzdem – denn der Titel war für den Preis “Spiel des Jahres” zumindest nominiert gewesen. Auch hier spielen bis zu vier Kinder, empfohlen ab fünf Jahren, mit- bzw. gegeneinander. Die Idee ist: relativ schnell – die Sanduhr ist das Maß aller Dinge! – verschiedenförmige und verschiedenfarbige Gegenstände in die eigene Truhe zu legen, so dass nach dem Ablauf der Zeit, der Deckel der Schatztruhe sich noch gut schließt. Danach dreht man eine von zahlreichen verschiedenen Wertungs-Tafeln um, auf der Gegenstände/Schätze abgebildet sind, die in dieser Runde besser nicht in die Truhe hätten gelangen dürfen – so in etwa als ob der Oberpirat auf dieses oder jenes zufällig allergisch wäre und dann die Arbeit seiner kleinen Handlanger lieber ins Meer wirft.. Ach nein, die offizielle Spielerklärung lautet, dass man einen (eben im Vorfeld aber nicht bestimmten, und von Runde zu Runde wechselnden) “Lohn für die Überfahrt an den Bootsmann Juwelen-Jack verliert…”
Dann vergleicht man, wem die meisten Schätze unversehrt geblieben sind, und der Sieger holt sich eines von vier “Piratenschiffspuzzleteilen” aus dem Spielvorrat. Gewonnen hat derjenige, der am schnellsten das viergliedrige Schiff fertig hat. Positiv: “Schatz Rabatz” ist kein reines Glücksspiel. Aber die Rahmenhandlung der Geschicklichkeitsprüfung (wie fülle ich die Truhe, dass so viel wie möglich mit zugemachten Deckel reinpasst)erschien selbst den Kleinen, die pro Runde für maximal eine viertel Stunde auf die Probe gestellt werden, konstruiert respektive schnell ermüdend bzw. negativ an Kleinstkinder-Lernspielzeug erinnernd, wo es galt Kreise, Quadrate, Achtecke in die richtigen Förmchen zu legen. Hier nun lautet die Anleitung: Ein Piratenkapitän will sich zur Ruhe setzten und sein Schiff an einen von der Crew vermachen, und zwar an denjenigen, der ihm das meisten Schätze von der Insel bringt. Da dem Spielkarton aber nicht einmal ein Holzschiffchen beiliegt, dass die Kiddies zumindest als temporäre Trophäe in der Hand halten könnten…

Aber man muss dem Noris-Verlag immerhin zugestehen: selbst Erwachsene sind nicht davor gefeit anfangs die Aufgabe in der kleinen Schatulle platzsparend zu arbeiten zu unterschätzen. Die Anleitung gibt ansonsten noch die Variante für ältere Spieler aus, bereits beim Sammeln die jeweilige Wunschliste des Juwelen-Jack aufzudecken, auf dass sich die eifrigen Sammler hin- und hergerissen fühlen, nichts falsches einzupacken und dabei noch mehr unter dem verrinnenden Sand der gleichnamigen Uhr zu leiden. Aber weder diese noch die selbst von unseren kleinen Mitspielern vorgeschlagene weitere Variationsmöglichkeit die Piratenschiffpuzzleteile nicht frei nehmen zu dürfen sondern “blind ziehen” zu müssen, brachte keinen anhaltenden Pep in dieses mit aktuellen Angebotspreisen von rund 10 Euro aber zumindest günstigen Spiels. Spielidee/Aufmachung/Material: 3/5 – Spielanleitung/-ablauf 3/5 – Spaß/Spannung/Suchtgefahr: 2/5
Passendes zum Passenden– Das Kartenspiel “Boost” kommt ist einer runden, knallgrünen Dose mit passenden runden Karten und mit liebevollen Zeichnungen daher. Es ist ein in gefühlt Sekundenschnelle erklärbares Suchspiel, in dem man zusammenhängende Karten einer Kategorie aus einem ausgelegten Pool aufsammelt und den passenden Oberbegriff benennt ehe der Gegner zuschlagen kann. Es warten hier insgesamt 10 Kategorien: Obst; Musikinstrumente; Gebäude beziehungsweise Denkmäler wie Pyramiden, der Kreml, der schiefe Pisa-Turm oder die “Freiheitsstatue”; Pflanzen; Fortbewegungsmittel; Tierwelt; Monster; Süßigkeiten und schlussendlich Gebäck. Zu all diesen Kategorien gibt es je 10 passende Zeichnungen. Damit man auch sicher ist was zu welchem Sammelbegriff zählt – nicht alle Kinder die mit uns testen “mussten” waren sich insbesondere bei der Abgrenzung klassischer Süßigkeiten zu “Gebäck”-teilen einig – gibt es entsprechende Übersichtskarten. Die Karten werden zu Spielgewinn gemischt und an alle Beteiligten gleichmäßig verteilt, die Spieler stapeln diese dann zunächst vor sich.

Dann decken alle (auf ein Zeichen, etwa zählt einer laut bis drei) alle gleichzeitig die jeweils oberste Karte ihres Stapels auf und legen diese in die Mitte des Tisches. Nun versuchen alle (das Spiel ist für bis zu acht Personen geeignet, also perfekt etwa am Weihnachtsabend mit der großen Familie) zwei oder mehr Karten einer Kategorie zu finden, hat man etwas Entsprechendes, ruft man laut den Sammelbegriff, wenn er stimmt, darf der Spieler die Karten behalten, sonst muss er diese Runde erst einmal aussetzen. Damit man miteinander nicht streitet, wenn zufällig mehrere dieselbe Kategorie ausrufen, sind die jeweils Schnellsten gehalten, die jeweilige Kartenbeute miteinander zu teilen und – wenn eine krumme Zahl gefischt wurde, die sich nicht fair teilen lässt – überflüssige Fänge zurück in die Spielbox zu legen. Zu den ansonsten für den Moment übrig gebliebenen Karten auf dem Tisch kommen in der nächsten Runde wieder auf ein Signal hin wieder die nun neu aufgedeckten und so weiter und so weiter bis schlussendlich alle Karten aufgebraucht sind. Gewinner ist – klar – wer am meisten Karten gesammelt hat. Bis maximal 15 Minuten dauert ein Spiel – wir und die Kinder finden: Boost (in Deutschland über Heidelberger Spiele vertrieben) ist sehr kurzweilig und spaßig. Spielidee/Aufmachung/Material: 4/5 – Spielanleitung/-ablauf 5/5 -Spaß/Spannung/Suchtgefahr: 4/5