Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Wenn die KI beschließt, einen Vater zum Jugendlichen abzustufen

Regisseur Dennis Stormer, der in seiner Filmographie bisher u.a. zwei Titel verzeichnet hat, die vorgeben vom Abfackeln von Wohnungen und Luxuskarren zu erzählen, widmet sich in seiner zweiten abendfüllenden Produktion dem Thema dystopische Gesellschaften: In „Youth Topia“ (ab 17.08.2023 im Kino) entscheidet eine künstliche Intelligenz anhand der Social-Media-Aktivitäten junger Menschen, wer die viel versprechende Erwachsenen-Welt betreten darf und wer nicht.

In einem wie verlassen wirkenden Dorf steht auf einem Feld eine Scheune. Dort hat eine Gruppe Jugendlicher bzw. jung Gebliebener ihre Bleibe. Anarchisch anmutend, auf Krawall gebürstet und immer bereit “Spaß” zu haben, ziehen Wanja (Lia von Blarer) und ihre Clique durch die Gegend. Bestenfalls zum Schlafen schafft sie es in ihr richtiges Zuhause zu kommen, zu ihrem alleinstehenden Vater, der alles andere als glücklich über den Lebensstil seiner Tochter zu sein scheint. Da Wanjas Freunde alles Mögliche und Unmögliche, auch bewusst völlig falsche Fährten, auf Instagram posten, werden sie durch den allgegenwärtig herrschenden „Algorithmus“ als unreif um “erwachsen zu werden” eingestuft. Das bedeutet, dass sie im Prinzip alles machen können, was sie wollen, “nur” eben keinen Job, keine Wohnung, kein Auto, oder was sonst zur klassisches Erwachsenenwelt gehört, haben dürfen. Doch dann passiert Unerwartetes: keiner weiß genau wieso, aber Wanja wurde gerade von der KI als vollwertig erklärt, sie soll fortan in einem Architektenbüro beschäftigt sein. Das neue Leben  als Erwachsene macht ihr zwar sichtlich Spaß, das alte will sie aber noch nicht loslassen. Dabei hält sie ihre Clique längst für eine Art Verräterin, zumal recht schnell klar wird, dass Wanja zumindest indirekt mit dem staatlicherseits angedrohten Abriss der bei ihren Freunden allseits geliebten Scheune zu tun bekommen wird. Und als ob das nicht schon viel zu viel chaotische Gefühle heraufbeschwört wird nun ihr Vater nach einem recht harmlosen Vergehen vom allmächtigen Algorithmus als unreif abgestempelt und muss folge dem wieder zur Schule, wird gar in Wanjas Obhut gestellt…

Das im Eindruck der letzten Jahre mit unerwartet steigender staatlicher Willkür, Bevormundung und Freiheitsrechte-Beschneidung gar nicht so zwingend nach Science Fiction riechende Drama „Youth Topia“ ist eine deutsch-schweizer Produktion in der es in einer Nebengeschichte auch um eine “Schwangerschaftsbeamtin” geht. Regisseur Dennis Stormer und Produzentin Marisa Meier haben das satirisch angehauchte Drehbuch über das soziales Konstrukt gemeinsam geschrieben. Es geht um eine gesellschaftlichen Außenseiterin, die qua über Nacht zu einer Erwachsenen gemacht wird und erstmals richtig Anerkennung erfährt. Allerdings verliert sie auch, und zwar die Leichtigkeit, die Sorglosigkeit, das in den Tag Hineinleben. Dass viele Szenen mit Handys aufgenommen und diese dann auf extra dafür erschaffene Instagram-Accounts unter fiktiven Rollennamen gepostet wurden, wirkt der Film in nahezu jeder seiner Fasern sehr realitätsnah. Da in dieser mal völlig ungewohnten Art von Coming-of-Age-Geschichte zudem verschiedene Farbfilter zum Einsatz kamen, unterscheidet sich die Welt der “Jugendlichen” auf der Leinwand gleich doppelt vom betont steril gezeichnetem Alltag der Erwachsenen.

Unser Urteil zu YOUTH TOPIA kurz und knapp: UNBEDINGT SEHENSWERT!

 



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