Ab 05. September kommt der aktuelle Sommerhit aus Frankreich auch in die Kinos in Deutschland: hinter “Was ist schon normal?” verbirgt sich eine Feel-Good-Comedy mit Anspruch aber nicht verkopft, und vor allem ohne jedweden falschen Zungenschlag zum Thema behinderte Menschen. Der Komiker Victor Artus Solaro erzählt in seinem Regiedebut nebenbei auch über eine spezielle Vater-/Sohn-Geschichte und spielt auch gleich selbst mit.
Ein Vater Sohn-Ganoven-Gespann taucht bei einer Reisegruppe unter – denn die Polizei ist ihnen dicht auf den Fersen. Vor wenigen Minuten haben sie einen Juwelier ausgeraubt. Erst ist dem Jüngeren der Beiden dabei die Maske verrutscht, dann ist zwischenzeitlich auch noch das Fluchtauto abhanden gekommen. Abgeschleppt! Weil es auf einem “Behinderten”-Parkplatz stand. Ausgerechnet heute, wo sich in unmittelbarer Nähe besagte Reisegruppe sammelte, ehe es weiter mit dem Reisebus ins Sommerlager in den Bergen gehen wird. Die meisten der Ausflügler sind nämlich “Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen” – und somit ist eine der Betreuerinnen besonders sensibilisiert, wenn “Normalos” unbefugt diesen speziellen Parkraum okkupieren. Und so hatte sie den Abschleppdienst gerufen, der erstaunlich schnell “Abhilfe” schaffte.
Die beiden kriminellen hatten bei ihrer Flucht noch die Klamotten getauscht – der Sohn hat sich dafür entschieden wie “ein deutscher Tourist” auszusehen, da würde die Polizei keinen verdacht schöpfen, wenn man ihnen in die Arme laufen sollte. In jedem Fall reicht Paulos Erscheinungsbild, und seines Vaters La Fraise Spontanität, dass eine andere der Betreuerinnen ihn aus ein paar Metern Entfernung für einen der Gruppe noch unbekannten Gehandicapten namens Sylvain hält, der noch erwartet worden war. Auch wenn dieser Schnelldurchlauf durch die ersten Minuten von “Was ist schon normal?” (OT: „Un p’tit truc en plus“) nach allzu leichter Verwechslungskomödie, in jedem Fall nach etwas allzu Vorhersehbarem klingt: der Streifen glänzt zwar nicht gerade mit völlig überraschenden Wendungen, ist aber von der ersten bis tatsächlich bis hin zur aller letzten Sekunde schlichtweg durchgehend sympathisch. Auch weil Paul zwar die “Gesunden” täuschen kann – sogar (sorry für den kleinen aber belanglosen Spoiler!) über einige Tage hinweg, nicht aber die Behinderten. Die erkennen nicht nur die Maskerade, sondern nutzen das Ganze auf ihre gewitzte Weise: damit sie nicht das Betreuerteam informieren, pressen sie Paul den einen oder anderen kleinen Gefallen ab.
Der Film erzählt in der Folge nicht nur unaufdringlich darüber, wie viel wirklichen Spaß Menschen mit jedweder genetischen “Störung” (u.a. dem Downsyndrom) haben können (wenn man ihnen ein paar Dinge im Leben leicht macht und sie vor allem nimmt wie sie sind, versucht auf ihre natürlich sehr individuellen Wünsche einzugehen) sondern ganz allgemeingültig über Gemeinschaftssinn und Verlässlich- und Ehrlichkeit sowie Offenheit. Nicht nur die zu Betreuenden, auch die Betreuer und eben auch das Vater-/Sohn-Gespann haben so ihre Leichen im Keller und müssen lernen, Dinge zuzulassen, miteinander ehrlich zu reden. Letztlich kommt der 99 Minuten kurzweilige Streifen an manchen Stellen nicht ohne einen gewaltigen Druck auf die Gefühlsdrüsen seiner Zuschauer aus, bleibt aber durchweg authentisch und verrät seine vielfältigen Protagonisten nicht für billige Lacher. Selbst die eine junge Frau die notorisch immer wieder Bälle oder Anderes ins Gesicht kriegt – meist, aber nicht immer zufällig – lädt nicht dazu ein, dass man über die Behinderten lacht oder auch “nur” mitleidig wird. Die wenigen platten Momente des Films zielen auf zwei der drei echten Betreuer und deren mitunter bizarren Umgangsformen.