Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Zwischen Toten und Lebenden

Ein junger Mann bekommt inmitten einer grassierenden Arbeitslosigkeitswelle einen neuen Job: Er darf in seiner Kleinstadt, in der sich Unfälle, Tode und Unglück extrem häufen, fortan die schlechten Nachrichten an die Hinterbliebenen und Betroffenen überbringen. „The Middle Man“ ist der neue Spielfilm des Norwegers Bent Hamer.

Wer Bent Hamers Filme kennt und mag – für „Kitchen Stories“ wurde er 2003 in Cannes mit dem Europäischen Verleihpreis ausgezeichnet; „O’ Horten“ repräsentierte Norwegen offiziell in der Kategorie als bester fremdsprachiger Film bei den Oscars 2009; fünf Jahre später lief „1001 Gramm“ auch hierzulande erfolgreich –, wird seine Erwartungshaltung auch in Falle des neuen Spielfilms „The Middle Man“ mehr als befriedigt wissen. Die 4-Länder-Produktion – Norwegen, Kanada, Deutschland und Dänemark – spielt in einer amerikanischen Kleinstadt irgendwo in Texas. Das vom Regisseur adaptierte Drehbuch basiert auf einem Roman von Lars Saabye Christensen („Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte“). Gedreht wurde die düster-humorvolle Sozialsatire außer in Kanada teilweise auch in Köln, Solingen und Duisburg. Und wirkt trotzdem absolut authentisch wie ein früher Michael Moore Film.

Für den Zuschauer bekommt der Handlungsort den Namen Karmack. Eine ziemlich heruntergekomme Stadt, in der offenbar viele Menschen ihre Jobs verloren haben und so ist sogar der Posten des “Schlechte-Nachrichten-Überbringers” sehr begehrt. Der Mittelsmann soll die Hinterbliebenen über tödliche Unfälle ihrer Angehörigen informieren. Warum auch immer, verunglücken nämlich überdurchschnittlich viele Karmacker in letzter Zeit. Frank Farrelli (eine sehr sehr gute Schauspielleistung von Pål Sverre Hagen) hat Glück: die so genannte Kommission, bestehend aus dem Sheriff, dem Pastor und einem Arzt, hat Gefallen an dem ruhigen jungen Mann mit dem Motto „es kommt, wie es kommt“ gefunden. Farrelli bekommt eine seriöse Ausstattung, sein Kumpel poliert seinen alten Wagen auf, und der neue Staatsdiener bekommt sogar einen eigenen Schreibtisch in einer Art Abstellzimmer für alles. Farrelli geht in seiner Rolle auf, verliebt sich alsbald in eine Kollegin. Bis ein Unfall passiert, der ihn persönlich betrifft arbeitet er seine Pflichten auch ziemlich unaufgeregt ab. Doch als er bei einem alten Weggefährten einen Gefallen einfordert, schlittert er von einer Panne, wenn man einen Mord so bezeichnen darf, in die nächste.

„The Middle Man“, in Deutschland um den lahmen Untertitel “Ein Unglück kommt selten allein” ergänzt, punktet auf ganzer Linie mit trockenem schwarzen Humor. Es geht um die vielzitierte kleine heile Welt, die sich im Niedergang befindet. Konkret um die eigene Identität und menschliche Beziehungen; um das Überschaubare, das zunehmend verwirrend und absurd wird; um einen Fatalisten, der am Ende doch Hoffnung haben darf. Die Dystopie ist trotz ihrer ruhigen Erzählweise absolut kurzweilig, sowohl was die Kameraarbeit als auch die schauspielerischen Leistungen angeht absolut sehenswert, auch wenn einem so manche Szene einen Schlag in die Magengrube versetzt.

 



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