Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Plakatflächenkönig zensiert Helfer-Verein

Wegen der Ukraine: Ströer übt inhaltliche Zensur aus. Ein kleines soziales Projekt im bayerischen Bamberg, welches seit Jahren selbstlos zugunsten von finanziell Bedürftigen wirkt, wollte darauf hinweisen, dass Refugees aus anderen Ländern anders als Ukrainer oftmals nicht annähernd menschenwürdige Sozialleistungen erhalten (und damit, wenn sie in Deutschland angekommen sind, dringlicher Lebensmittelhilfen benötigen). Vom deutschlandweit führenden Außenwerber wurde die Entgegennahme eines Plakatmotivs zur Gewinnung Ehrenamtlicher verweigert.

“wir helfen Menschen” – seit über sechs Jahren ist das für die Retten&Teilen-Projekte des kleinen, privat getragenen, gemeinnützig anerkannten RT Bamberg e.V. nicht nur eine Phrase, sondern gelebtes Ehrenamt zugunsten wirklich finanziell Bedürftiger: geholfen wird hier Menschen, die weniger als Hartz-IV, im Falle von im “AnkER”-Zentrum untergebrachter Flüchtlinge, gar nicht einmal 100 Euro monatlich zur Verfügung haben. Letzteren verweigert die örtliche Tafel seit 2015, der Eröffnung dieser Einrichtung in der Privatsphäre Fehlanzeige ist, systematisch den Zugang zu kostenlosen Lebensmitteln. Schließlich würde die Regierung auf dem Gelände der von unabhängigen Asylhelfern allerdings als Abschiebeghetto verschrienen Einrichtung in Bamberg ja zu unterschiedlichen Uhrzeiten eine Grundverpflegung anbieten.

Dass dieser oft vitaminarme, sprichwörtlich geschmacklose Einheitsbrei in der Gesamtschau das unterdurchschnittlichste Krankenhausessen noch einmal deutlich unterbietet und entsprechend insbesondere von Kindern verweigert wurde und wird, interessierte nicht etwa bekannte Institutionen (wie AWO, Caritas oder Diakonie, die in dem Lager staatlich bezahlte Stellen unterhalten), dafür aber den besagten unabhängigen “RT”-Helferverein. Dieser rettet, sortiert, transportiert und “(fair)teilt” in einer Ausgabestelle mindestens drei Mal wöchentlich Lebensmittel ausschließlich an finanziell Bedürftige. Ohne jedwede staatliche, städtische oder anderweitig institutionelle Förderung; die wenigen aktiven Helfer tragen auch alle Kosten für Benzin und KFZ-Abnutzung selber.

Von “Edelflüchtlingen” und einem Zwei-Klassen-System

Anders als “Edelflüchtlinge” – wie Kabarettist Serdar Somuncu Ukrainer unlängst provokativ betitelt hat -, die dank der erstmals angewandten “Massenzustromsrichtlinie” über Nacht volles ALG II sowie weitere finanzielle und umfangreichste materielle Unterstützung nebst sofort greifender Arbeitserlaubnis obendrauf bekommen, verfügen die Bewohner des auf rund 1.000 Menschen ausgelegten Asylzentrum in Bamberg in den ersten Monaten nach Ankunft in der Regel über keinen einzigen Cent staatliche Zuwendung. Das erwähnte Taschengeld von knapp 100 Euro monatlich (und eine Monatskarte für den örtlichen Busverkehr) gibt’s erst nach dem ersten von zwei obligatorischen Interviews. Dass sich die Termine dafür Zeit lassen, liegt nicht an den Asylsuchenden, sondern an vermeintlicher Überlastung der Beamten. So versuchen viele Refugees beispielsweise durch Flaschensammeln –  womit sie in harte Konkurrenz zu einheimischen Wohnungslosen, denen der soziale Verein genauso gerne unter die Arme greift, treten – ihren Kindern mal mit einer Tafel Schokolade oder Ähnlichem etwas Abwechslung zu bieten.

Oder sie finden wie zahlreiche Deutsche und Hunderte Flüchtlinge aus unter anderem Syrien, Afghanistan, Irak, Moldawien, Nigeria, Nachfolgestaaten Jugoslawiens, Palästina, Tschetschenien, Iran, Somalia, Armenien und anderen Brennpunkten der Welt die Ausgabestelle des RT Bamberg e.V.

Hilfe für Hunderte bedürftige Menschen in Bamberg steht vor dem Aus

Dessen Hilfsangebote sind allerdings selbst aufgrund von Mangel an ehrenamtlichen Mitstreitern, zurück gehenden Sachspenden der Supermärkte und seit jeher ausbleibender finanzieller Unterstützung der Politik für die Miete akut in ihrer Existenz bedroht! Daher wollte der soziale Verein mit einer Blickfang-Kampagne zum Innehalten und Nachdenken und idealerweise aktiv werden das Steuer herum reißen, auf dass nicht in wenigen Wochen rund 125 Haushalte und damit insgesamt über 400 individuelle menschliche Schicksale sprichwörtlich im Regen stehen.

Konkret wollte man an insgesamt neun Plakatwänden in Bamberg mit “Wir helfen KEINEN Ukrainern… RETTEN & TEILEN hilft lieber Menschen in BAMBERG, die oft nicht mal 100€ mtl. zum Leben haben und von Politik & ‘Institutionen’ im Stich gelassen wurden” auf das allerdings deutschlandweit brisante Zweiklassen-Flüchtlings-System hinweisen. Doch das fand der Außenwerber Ströer gegenüber Ukrainern “diffamierend” – entsprechend seiner hauseigenen “Grundsätze der Werbeethik” lehne das Unternehmen “demnach die Entgegennahme des Motivs ab” – obgleich die Begründung für die leicht provokante Überschrift großflächig mitplakatiert werden sollte.

 Damit die sachgebundene Finanzierung der Werbekosten für diese Plakataktion durch eine “Anlaufstelle zur Förderung ehrenamtlichen Engagements” nicht verloren geht, wurde vom Verein explizit ohne Anerkenntnis jedweder Rechtspflicht, nach weiterführenden Erklärungen und schärfstem Protest sowie zahllosen gescheiterten Versuchen auch via dem eigentlichen Vertragspartner, dem Dienstleister “plakat-verkauft.de”, der die Ströer-Absage mitgeteilt hatte, Stellungnahmen bzw. eine Rücknahme der vom Plakatflächenkönig ausgesprochenen Zensur zu erhalten, notdürftig überarbeitet: unter anderem wurde das Wort Ukraine getilgt. Wofür aber letztlich mehr Text auf dem Plakat eingesetzt werden musste, das Gesamtgefüge weniger prägnant erscheint – vom geminderten Werbe-/Aufmerksamkeitseffekt, um den es ja in Plakatkampagnen zuvörderst geht, ganz zu schweigen.

Zu allem Übel, sozusagen als i-Tüpfelchen der Zensur gegen soziale Helfer, wurde dem Verein in der überarbeiteten Fassung von Ströer urplötzlich auch noch die Anbringung eines simplen “QR”-Codes untersagt, mittels dem Betrachter des Plakats direkt die Webseite der Retten-und-Teilen-Programme ansteuern könnten.

Wer sich in den letzten Jahren mit dem börsennotierten Außenwerber beschäftigt hat, weiß, wie unempfänglich dieses Unternehmen selbst für Kritik an Plakatflächenvermietung für wirklich diffamierende Kampagnen aus dem AfD-Umfeld war (unter anderem David Bendels “Grüne Mist”-Plakate 2021): Gegenüber der ARD verteidigte sich Ströer seinerzeit, “als Plakatflächenvermieter nicht für die Inhalte und Gestaltung der Werbung verantwortlich zu sein. Außerdem könne das Unternehmen keine Werbung ablehnen, die nicht gegen Gesetze oder freiwillige Selbstbeschränkungen verstößt”. Und jetzt wird plötzlich eine kleine, lokale, gut begründete Kampagne zensiert, die auf die Benachteiligung aller Flüchtlinge hinweist, wenn diese nicht zufällig aus der Ukraine kommen?

Umstrittene Plakatkampagne? Wem hilft RT Bamberg – und wem nicht, und warum?

Die Vereinsvorsitzende Nino Ketchagmadze stellt klar (und so wurde es natürlich auch gegenüber dem Ströer-Partner kommuniziert): “Warum wir sagen, dass wir keinen Ukrainern helfen? Nein – wir sind alles andere als Fans des Herrn Putin! Im Gegenteil! Allein schon wegen seiner grausigen, in Deutschland aber bezeichnenderweise kaum kritisch diskutierten geschweige denn sanktionierten Verbrechen in Tschetschenien vor vielen Jahren war und ist dieser Mann für uns eine Zumutung. Aber warum erfahren dann nicht auch Ukrainer bei uns Unterstützung? Weil dieser Bevölkerungsgruppe derzeit mit nie zuvor bekannten Programmen, in nie da gewesenem Umfang allenthalben und leider bevorzugt vor teilweise ebenfalls direkt aus Kriegsgebieten geflohenen Menschen geholfen wird. Es ist ganz einfach: wer in der Regel gar deutlich mehr als den üblichen Hartz-IV-Satz in Deutschland erhält, ist nicht unsere Zielgruppe. Zu uns kommen seit Jahren Menschen, die auf der Straße leben, aus dem System ausgestiegen sind; Menschen, bei denen zum Beispiel die Witwenrente nicht zum Leben reicht, die Frauen aber zu stolz sind ‚Sozialhilfe’ zu erbetteln oder eben Menschen, die in dem so genannten AnkER über Monate gar kein und dann nur sehr wenig Taschengeld erhalten.”

Weitere Infos, Kontaktwege, Informationen wie man sich als aktiver Helfer vor Ort einbringen kann oder mit Geld- oder Lebensmittelspenden unterstützt unter: www.rettenundteilen.de



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