Stellt man die Frage nach dem Wert eines Menschen, so bewegt sich das Gespräch meist auf philosophisch-religiösen Boden, was wiederum die Gefahr birgt, dass es schnell abgehoben wirken kann oder Streit vorprogrammiert ist. Nicht so im absolut sehenswerten Film von Peter Scharf. Von unterschiedlichen Interviewpartnern lässt der Regisseur den monetären Wert eines Menschen – am Beispiel von sich selbst – durchkalkulieren. Wer denkt, es gehe dabei um Menschenhandel, irrt gewaltig. Es geht hier auch nicht um eine Zukunftvision, sondern das Austarieren passiert längst tagtäglich. Zum Beispiel beim Thema Schmerzensgeld: was ist vor Gericht ein Bein wert oder ein Arm? Wie rechnet man, wenn die Extremitäten einem älteren Menschen angehörten, und wie, wenn ein Kind geschädigt wurde? Spielt es im Behördenalltag eine Rolle, welches Einkommen der jeweils Betroffene bisher hatte und oder ob ein Erwachsener eine Familie hat? Wie kalkuliert eine Krankenkasse den Wert eines Versicherten, um eine kostenspielige Behandlung zu genehmigen oder nicht? Nach welchen Kriterien wurde zum Beispiel der Wert der Verstorbenen vom 9/11 berechnet – der Film zeigt eindringlich die Perversion, wie auch hier gezielt unterschiedliche Summen an Hinterbliebene ausbezahlt wurden? Oder was zahlt man für eine Transplantationsniere eines – teilweise nicht freiwillig spendenden – Osteuropäers? Und wie bestimmt ein Betrieb den Wert seines Mitarbeiters?
In sechs verschiedenen Ländern, darunter Deutschland, England, Moldawien und auch in den USA, hat Schaf Experten aufgesucht, die häufig profan anmutend auf unterschiedlichste Weise den Mensch in Cent und Euro/Dollar zerlegen. Auch einige der „Berechneten“ kommen zu Wort. Teils skurril, fast witzig wirkend, an anderen Stellen traurig stimmend, auf jeden Fall sehr informativ erzählt und visuell bei aller Schlichtheit ansprechend umgesetzt, bietet die Doku „Was bin ich wert“ viel Stoff zum Nachdenken. Unser Filmtipp des Monats!