Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Filmtipp der Woche

“Jojo Rabbit” stellt in seiner Zweiten-Weltkrieg-Satire das Weltbild eines einsamen Jungen (Roman Griffin Davis als Jojo), der im Nazi-Deutschland aufwächst auf den Kopf. Als er herausfindet, dass seine Mutter (Scarlett Johansson) ein jüdisches Mädchen versteckt, weiß er nicht was er tun soll. Jojo muss sich nun seinem blinden Nationalismus stellen, der durch seinen imaginären besten Freund Adolf Hitler (Taika Waititi) genährt wird.

Der Streifen stammt von Erfolgsregisseur und Drehbuchautor Taika Waititi (Thor:Tag der Entscheidung, Wo die wilden Menschen jagen) – übersetzen lässt sich Jojo Rabbit am besten mit Hasenfuß – wir hier bei kulturkueche.de finden den Film in jeder Hinsicht erfrischend und sagen “unbedingt sehenswert – am Besten im Original! Zum Jahresstart wollen wir mal Kritikerkollegen zu Wort kommen lassen, statt immer nur selber Senf zu geben:

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt Bert Rebhandl, der Film sei bis in die Nebenrollen perfekt besetzt, und eine klug zugespitzte Dramaturgie zeuge davon, dass die Nazivergangenheit zumindest in der größten Unterhaltungsindustrie der Welt nicht mehr bewältigt werden müsse, sondern zum Orientierungspunkt in einem sehr grundsätzlichen humanistischen Schema geworden sei.

Frédéric Jaeger bemerkt in seiner Rezension für Spiegel Online, nicht ganz zufällig wecke Jojo Rabbit bittersüße Erinnerungen an das Holocaust-Märchen Das Leben ist schön von Roberto Benigni, das über zwanzig Jahre zuvor zum Überraschungshit avanciert war: „Waititi ist zweifelsohne der mutigere und eigenwilligere Regisseur. Der Balanceakt seines Films ist umso heikler, weil er sich vorgenommen hat, das Nazikind sympathisch zu zeigen, ihn gar als Antihelden zu inszenieren, ohne den Faschismus satisfaktionsfähig erscheinen zu lassen. Das ‚Anti-Hass‘-Programm dekliniert sich allerdings soweit, dass fast alle Nazis süß, skurril oder liebenswert sind – verirrte Menschen, die nur den Falschen Glauben schenkten.“

Die Filmkritikerin Antje Wessels erklärt, anstatt auf Dämonisierung setze Waititi auf den Unterschwall der Bedrohung und führe den imaginären Hitler-Freund sogar als regelrechten Sympathieträger ein, um eine emotionale Fallhöhe aufzubauen, deren Zweckdienlichkeit sich bereits zuletzt auch Als Hitler das rosa Kaninchen stahl zu eigen machten. So heiter es auf den ersten Blick zugehen mag, so kongenial folge auf einen Schlag die Desillusion, wenn Waititi seinen Film als kinematografisches trojanisches Pferd entlarvt und auf einen radikalen Tonfallwechsel setzt, dass man für einen kurzen Moment das Gefühl habe, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Wessels resümiert: „Jojo Rabbit tarnt ein herbes Drama über den Schrecken des Krieges und dessen Auswirkungen als satirische Comedy.“

JOJO RABBIT – ab Donnerstag, 23. Januar 2020 nur im Kino



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