Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Alte Geschichte im neuen Gewand

In einem Teich lebt ein Dämon, der durch rituelles Läuten der Glocken seit Jahren daran gehindert wird, die umliegenden Dörfer zu überfluten. Wenn auch nicht perfekt so läuft eigentlich alles recht friedlich für die Menschen hier, bis ein Fremder ins Tal kommt, das gerade mal wieder an einer heftigen Dürre leidet. Mit „Demon Pond“ startet am 15.06. ein japanischer Film aus dem Jahr 1979 (!) neu im Kino.

In der Auswahl der Cannes Classics vor zwei Jahren lief mit der restaurierten Version von „Demon Pond“ (Dämonenteich, Yashagaike) der Film eines mittlerweile 91jährigen Regisseurs: Masahiro Shinoda gilt bis heute als einer der wichtigen Vertreter der so genannten japanischen Neuen Welle. Seine auf Mythen und Legenden fußende Produktion, in der die Tradition auf den Kopf gestellt wird, erzählte 1979 von einer tragischen Liebesgeschichte und ist gleichzeitig wie ein Fantasy-Drama aufgebaut. „Demon Pond“ basiert dabei auf einem gleichnamigen japanischen Theaterstück – geschrieben zu Beginn des 20. Jahrhunderts von dem Schriftsteller und Dramaturgen Kyoka Izumi. Eigentlich war das Ganze “nur” für das traditionelle Kabuki-Theater, in dem durch Gesang und pantomimischen Tanz eine Geschichte erzählt wird, konzipiert, funktioniert aber auch auf der großen Leinwand prächtig. Nicht zuletzt weil Shinoda die traditionellen Elemente bis hin zu dem alten Brauch, weibliche Rollen durch Onnagata – mit stark geschminkten und mit hoher Stimme singenden Männern – zu besetzen, liebevoll aber auch irgendwie doppelbödig adaptierte.

Die Handlung verläuft in einem abgelegenen Bergdorf in der Provinz Echizen. Über der Gegend in den Bergen des Mikuni-Passes liegt ein Teich, in dem der Legende nach ein Drache lebt. Durch einen Schwur ist dieser dort gefangen. Stiege er auf, würde durch sein Wirbeln eine Flut das Dorf samt seiner Bewohner auslöschen. Damit das nicht passiert, muss dreimal am Tag eine Glocke ertönen. Das stellen offenbar schon seit geraumer Zeit Akira und Yuri sicher: sie sind ein Paar, das abseits von der Gemeinschaft sein friedliches Dasein führt und sich absolut zuverlässig und klaglos um diese Aufgabe kümmert – obgleich viele Dörfler das alles nur für dummen Aberglauben halten. Irgendwann taucht in der Gegend, die gerade unter einer extremen Dürre leidet, Professor Yamasawa aus Tokio auf. Er sammele Legenden, will daher unbedingt auch zum Dämonenteich. Dort schließlich angekommen entdeckt er in Akira seinen verschollenen Studienfreund. Durch ihn und durch die von der Hitze geplagten Bewohner werden unumkehrbare Ereignisse in Gang gesetzt…

Masahiro Shinoda besetzte die weibliche Hauptrolle Yuri mit Tamasaburō Bandō, seinerzeit einem der berühmtesten zeitgenössischen Kabuki-Schauspieler. Im zweiten, mit weniger langsamen Erzähltempo aufwartenden, Teil des Films, in dem die mystische Welt mit all ihren Bewohnern aus einem langjährigen Tiefschlaf erwacht, verkörpert dieser auch die Figur der Prinzessin Shirayuki. Quasi Yuris Doppelgängerin in der Fantasywelt: durch den Brief eines Verehrers will diese sich nicht länger an den Pakt mit den Menschen halten…

Die Kostüme der Schauspieler erscheinen nun betont fantasievoll; die Kamera, die schon in der ersten Hälfte  erfreulicherweise kaum Assoziationen an ein abgefilmtes Theaterstück lieferte, noch wendiger, was dank der von Shinoda und Bandō persönlich initiierten und betreuten 4K-Restaurierung des Streifens der ansonsten mit seinen theaterartigen Kulissen wie aus der Zeit gefallenen Märchenstunde für Erwachsene, tatsächlich jedweden Eindruck von Angestaubtheit nimmt. Sich quer durch die ganze Geschichte ziehende Themenschwerpunkte wie Vorurteile und Egomanie sind ja ohnedies leider teils aktueller denn je.

Aufgrund seiner originären Bilderwelten ist „Demon Pond“ in jedem Fall ein Film den man in einem schönen Kinosaal und nicht erst auf DVD bzw. als Streaming genießen sollte.



Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *