Ihre Trüffelschweine im fränkischen Einheitsbrei

Vom Megafürzen und ganz alten Neugeborenen

Witzig, poetisch, musikalisch mitreißend, gut gelaunt und auch mal ein bisschen melancholisch kommen Sven van Thoms speziell an Kinder gerichtete Lieder daher: Ob ein Nachruf auf den Sommer, der Wunsch nach einer Frisur a lá Opa oder der Abgesang auf einen weiteren Urlaub an der Nordsee – bei diesen Themen und zehn weitere Tracks auf “Tanz den Spatz” können aber garantiert auch Erwachsene ihren Spaß haben. Und der beginnt bei dieser CD-Veröffentlichung schon beim Blättern im Booklet.

Vor ziemlich genau achtzehn Jahren sprang ein junger Sänger und Gittarist quietschfidel in einem Musikclip und auf einer Frau herum – wollte dem Vernehmen nach “einfach lieb ficken“. Die Band „Sofaplanet“ und somit auch besagter, 1977 geborener Frontmann Sven Rathke waren für einige Wochen nicht nur bei so ziemlich jedem einschlägigen TV-Sender omnipräsent. Weil er aber trotz dieses Erfolges und einer irgendwann ohnedies in die Jahre gekommenen Haarpracht angeblich immer damit zu kämpfen hatte, dass sich niemand an sein Gesicht erinnern wollte, wurde die äußere Erscheinung eines makellos angezogenen und ebenso frisierten Versicherungsverkäufers und für die Solokarriere als Wortspiel mit dem Begriff „Phantom“ wohklingenderweise Sven van Thom “geboren”: seit einem Duett 2008 mit der Hamburger Sängerin Synje Norland (“Trauriges Mädchen“) ist er aus Sicht der kulturkueche-Redaktion einer der wenigen deutschsprachigen Musiker, die wirklich kontinuierlich Hörenswertes abliefern. Was nicht nur an tiefsinnigen, lustigen wie auch traurigen Liedtexten, sondern an einer angenehm markanten – ruhigen und trotzdem tiefen – Stimme liegt. Und die schickt sich eben gerade an, auch die Kinderzimmer zu erobern.

Sven van Thom gelingt es – was eher selten bei Kinderliedern vorkommt – mit seinen neusten Songs auch Erwachsene anzusprechen. Es besteht also keine Gefahr, dass dieser Mann (der im übrigen auch immer mal wieder mit dem alten Sofaplanet-Weggefährten Martin Gottschild durch die Lande tourt: die Bühnenshows mit Dias, aberwitzigen Geschichten und Gesang nennen sich “Tiere streicheln Menschen”), Eltern zu schnell aus den Ohren raus kommt, wenn ihre kleinen Quälgeister den einen oder anderen Track ohne Unterbrechung rauf und runter spielen werden. Nur diejenigen, die “Svennie” von seinen regulären CDs oder Konzerten kennen, sollten beim gemeinsamen Singen und erst recht Mit- oder Nachtanzen des titelgebenden Songs „Tanz den Spatz“ genau hinhören! Die Geschichte über einen, der mit seinen besonderen Moves erst einen Türsteher überzeugt und dann vor allem das weibliche Discogänger-Herz erobert, in dem er unter anderem einen Spatz, eine Krake und eine Harke nachahmt, hat die eine oder andere Textkorrektur erhalten. Wird in der Originalversion nämlich auch ein Junkie “getanzt”, grüßt hier nun eine Robbe…

Die weiteren zwölf Songs des insgesamt 44 Minuten langen Albums sind ohnedies gänzlich neu entstanden. Einmal findet ein Enkel die Glatze seines Opas höchst faszinierend; an anderer Stelle wundert sich ein älterer Bruder über einen Neugeborenen, der wie ein alter verschrumpelter Apfel aussieht. Neben zahllosen weiteren trolligen Einfällen, die mitunter in gewagten Reimen enden – allen voran in der Ode an einen bombastischen, alle anderen in den Schatten stellenden Darmwinde (“Mein Pups gibt Autogramme, dein Pups steht in der Schlange”) – beweist Sven von Thom unter anderem mit unserem Anspieltipp , der Geschichte über einen Kaugummi, dessen Lebenstraum, endlich zu fliegen, in Erfüllung geht, dass Melancholie auch in der Unterhaltung für Kinder ihren Platz haben kann.

kulturkueche.de meint: ein Album, das nicht nur zur Weihnachtszeit ohne Wenn und Aber ein schlichtweg wunderbares Geschenk für all jene Kinder ist, die nicht weltfremd, aber auch nicht primär von Glotze und Internet groß gezogen werden sollen. Und da wir ja eingangs auch das Booklet zu dieser CD erwähnten: neben allen Liedtexten finden sich darin Zeichnungen des Berliner Comic-Künstlers Mawil („Kinderland“) die ihrerseits nochmal einen ganz besonderen Charme versprühen.



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